Pariser aus London in Berlin

■ In der Charlottenburger Kantstraße 38 wurde in dieser Woche ein Kondomladen eröffnet Im Angebot: Präser mit Geschmack oder Batman-Logo - und für Latexallergiker aus Schafsblinddarm

„Die künstlerisch ambitionierten Handwerker“, die für die Innenausrichtung des ersten Berliner Kondomfachgeschäfts „Condomi“ verantwortlich zeichnen, beschränkten ihre Phantasien ganz auf das Teil des männlichen Geschlechts, dessen Verkleidungsvarianten die Miete und ein bißchen mehr für das junge Team einbringen soll. So hängen die Metallpenisse als Kondompräsentationsflächen waagerecht von der Decke und dienen zur feierlichen Eröffnung des Ladens als Abstellplatte für den teuren Sekt.

„Etwas anderes als die eher sterile Atmosphäre einer Apotheke und der frauenfeindlichen Beate-Uhse-Läden“ will die 19jährige „Anjie“ Markwart mit ihrem Geschäft erreichen: das Kondom sozusagen aus dem Dunstkreis der Pornografie in die Öffentlichkeit einer Einkaufsstraße zu bringen. Der Sponsor des ganzen, Vater Markwart, versucht, mit Blick auf Aids, noch Gesundheitspolitisches in den Laden zu interpretieren: „Gesunde gesund zu halten ist leichter als nachher Kranke zu heilen.“ Dies will er mit seinem „sauberen und stilvollen Laden“ unterstützen und wird dabei wohl hoffen, eine Marktlücke besetzt zu haben.

Das Angebot jedenfalls dürfte so ziemlich einmalig sein. Über 150 Artikel, die meisten aus England, ein paar aus Westdeutschland, aber auch der in der DDR wegen seines Materials und seines Preises berühmte „Gummifuftscher“ von „mondos“ in Erfurt liegen in den Regalen. Die meisten Kondome gibt es in den verschiedensten Variationen als Scherzartikel, reingezaubert in Wall- oder Haselnüsse, in Bonbons oder Gummitiere. Tischfeuerwerke, die beim großen Knall einen großen Kondomregen über das Gruppensexteam rieseln lassen, oder Eingeschweißte als Schlüsselanhänger. Angeboten werden sie gerippt oder genoppt, glatt oder rauh, mit aufsteckbarem Igel oder Schweinskopf (!) und in zehn Geschmacksrichtungen. Darunter als Krönung ein Champagnerspray, mit dem der exklusive Geschmack auf dem Kondom recycelt werden kann. Menschen mit einer Latexallergie sollten sich das teuerste Kondom (drei Stück zu 19,50 Mark) aus australischem Schafsblinddarm überziehen und die lichtscheuesten Bettathleten zum fluoreszierenden Neonkondom greifen, das mindestens eine halbe Stunde so hell leuchtet, daß man/frau zwischendurch die nächste Stellung nachschlagen kann.

Sehnsüchtig erwartet wird im Laden das Batman-Kondom. „Urheberrechtliche Streitigkeiten haben die Auslieferung bis jetzt verhindert“, sagt Anjie Markwart. Daß Jack Nicholson erst alle auf Qualität prüfen will, kann sie nicht bestätigen. Das absolute „Highlight“ der internationalen Kondomszene aber konnte auch sie noch nicht in ihrem Laden präsentieren. Es ist ein japanisches Modell mit eingebauten Mikrochip, der durch die beim Reiben entstehende Wärmeenergie musikalisch die Schmusestunde krönt.

Daß das Bedienen in diesem Geschäft eine heikle Sache werden könnte, schwant dem 22jährigen Jungverkäufer Carsten Tänzer auch, müssen die speziellen Kundenwünsche doch erst einmal hinterfragt werden. Eine seriöse Dame fragen: „Machen Sie lieber Analverkehr?“ will er jedenfalls nicht. „Da muß ich intuitiv rangehen.“

„Eine gute Idee“ findet Wolfgang Kohl von der Berliner Aids -Hilfe den Laden allemal. „Schon weil er das Kondom den heterosexuellen Paaren näher bringen kann“ und „der Mann das Kondom als seinen Beitrag zur Verhütung stärker erkennen läßt“.

Torsten Preuß