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Pariser Staatsanwalt legt Bericht vorKurz vor dem Anschlag radikalisiert

Vier Tage nach dem verheerenden Anschlag in Nizza mit 84 Ermordeten werden weitere Hintergründe über den mutmaßlichen Attentäter bekannt.

Die Trauerfeier in Nizza am Montag. Foto: dpa

Paris/Nizza dpa | Der Attentäter von Nizza hat sich offensichtlich kurz vor seinem verheerenden Lkw-Anschlag mit 84 Toten dem Islamismus zugewandt. Der Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel habe in jüngster Zeit ein „unbestreitbares Interesse“ für die dschihadistische Bewegung gezeigt, sagte der Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins in Paris. Das habe ergab die Auswertung seines Computers ergeben. „Seit acht Tagen hat er sich einen Bart wachsen lassen und erklärt, dies habe eine religiöse Bedeutung“, sagte der Chefermittler.

Bouhlel habe in den Tagen vor dem Anschlag auch nach Videos religiöser Gesänge gesucht, die islamistische Terrororganisationen als Propagandainstrument nutzen. Derzeit gebe es aber keine Belege für eine Zugehörigkeit zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die den Attentäter als ihren „Soldaten“ bezeichnet hatte, sagte Molins. Die Polizei hatte den Täter erschossen.

Erst am Wochenende hatte der französische Regierungschef Manuel Valls den IS für das Lastwagenattentat vom 14. Juli verantwortlich gemacht, weil die Terrormiliz verwirrten Einzelpersonen die Ideologie bereitstelle, um ihren Taten einen Sinn zu geben.

Der Anschlag auf der Prachtstraße am französischen Nationalfeiertag war laut dem Chefermittler Molins über mehrere Tage vorbereitet worden. Der Lieferwagenfahrer habe mehrfach die Uferstraße aufgesucht. Die Ermittlungen hätten den „vorsätzlichen Charakter“ belegt. Der Mann war mit dem Lkw durch eine Menschenmenge auf der Strandpromenade gerast, unter den Todesopfern waren zehn Kinder und Jugendliche.

In der innerfranzösischen Sicherheitsdebatte wirft die Opposition der Regierung Versäumnisse nach den islamistischen Attentaten des vergangenen Jahres vor. Es sei nicht alles getan worden, was seit dem Anschlag auf die Satirezeitung Charlie Hebdo hätte getan werden müssen, sagte der konservative Ex-Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntagabend dem Fernsehsender TF1.

Der sozialistische Präsident François Hollande hielt dagegen und sprach bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts von einer „Verpflichtung zu Würde und Wahrheit“. „Eine gewisse Zahl an Akteuren der politischen Klasse hat die Trauerperiode nicht respektiert“, kritisierte Innenminister Bernard Cazeneuve, der auf mehrere neue Gesetze und Maßnahmen für den Anti-Terror-Kampf verwies.

Sechs Personen aus dem Umfeld des Angreifers sitzen weiter in Polizeigewahrsam, eine weitere Person wurde nach Angaben aus Justizkreisen wieder freigelassen. Molins sagte, einer der Verdächtigen habe unmittelbar vor dem Anschlag eine Handy-Kurznachricht (SMS) von dem Attentäter erhalten.

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1 Kommentar

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  • Noch bevor die Leichen aller kalt sind, nutzen die Politiker die Situation schon für ihr Spiel aus. Und immer geht es nur darum noch mehr zu überwachen und mehr abzuhören.

    Komisch ist nur, dass in den letzten Jahren sowohl Überwachung als auch Anschläge proportional zugenommen haben.

    Super Maßnahmen...wirklich...so effektiv und überhaupt nicht gegen die Bürger gerrichtet