Paris bewirbt sich um Olympia 2024: Baguette und Spiele
Bereits zum vierten Mal seit 1986 nimmt Frankreichs Hauptstadt Anlauf. Damit es diesmal klappt, soll gleich auch noch die Weltausstellung her.
PARIS taz | Weil er für seinen Staatsbesuch ohnehin schon in der Schweiz war, hat François Hollande in Lausanne dem dort angesiedelten Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Gerade vor ein paar Tagen hatte die französische Hauptstadt offiziell ihre Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2024 bekannt gegeben, da konnte es sicher nicht schaden, bei IOC-Präsident Thomas Bach vorbeizuschauen und mit ihm das Olympische Museum zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit konnte Hollande schon mal an höchster Stelle die Vorzüge der Pariser Kandidatur herausstreichen.
In aller Fairness, versteht sich: „In jedem Wettkampf gibt es Regeln, die respektiert werden müssen“, meinte der französische Präsident gut gelaunt in Lausanne. Darum dürften die Olympischen Spiele „nicht politisiert oder zu einer politischen Kraftprobe werden“, meinte er auch, als gelte es die Absicht seiner eigenen Visite zu vertuschen.
Natürlich will Paris dieses Mal nicht wieder das Nachsehen haben. Bereits heißt es, wenn es jetzt für 2024 nicht klappe, dann werde Frankreich nie wieder einen Austragungsort für Olympische Spiele vorschlagen. Never say never? Ähnliches hörte man schon, als sich Paris vergeblich für die Spiele von 1992, 2008 und 2012 beworben und die Enttäuschungen jeweils nur sehr schlecht verdaut hatte.
Dieses Mal glaubt die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo, dass in der Jury die Seriosität des Budgets und die explizite Absage an die Politisierung und den damit verbundenen Größenwahn – wie er etwa in Peking oder Sotschi anzutreffen war – zu den Hauptkriterien der Auswahl zählen werden. Hidalgo war selbst, vor allem aus finanziellen Überlegungen, aber auch wegen ihrer Prioritäten in der Stadtplanung, noch vor Kurzem gar nicht begeistert von einer Olympiakandidatur. Doch sie hat sich überzeugen lassen und hofft nun, dass es anderen ebenso ergehen werde. Das Pariser Dossier soll realistisch und vergleichsweise bescheiden sein.
Ein Kostenvoranschlag von „nur“ 6,2 Milliarden Euro
Der „vernünftige“ Kostenvoranschlag sieht Ausgaben in Höhe von nur 6,2 Milliarden Euro vor. Davon müsste nur knapp die Hälfte für die Investitionen aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. Und diese wiederum sind mehrheitlich ohnehin schon geplant: Stadien und andere Sportanlagen existieren oder werden, wie die Mehrzweckhalle Paris-Bercy oder die Tennis-Courts von Roland Garros, demnächst sowieso renoviert.
Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist im Megaprojekt „Grand-Paris“ bereits beschlossen. Und das im Norden von Paris vorgesehene olympische Dorf gilt den Planern als idealer Beitrag zum Wohnungsbau in der unterentwickelten Banlieue von Saint-Denis. Immerhin wird die Kandidatur, die im September eingereicht wird, schon mal 60 Millionen Euro kosten.
Zunächst stand Olympia 2024 in Konkurrenz zu einem anderen, von Hidalgo eigentlich bevorzugten Projekt: der Weltausstellung von 2025, für die sich Paris als Standort anbietet. Jetzt aber glaubt sie, dass nicht nur beides realisierbar ist, sondern dass sich die Kandidaturen sogar bestens ergänzen. Doppelt genäht hält besser. Was Paris für die Olympischen Spiele in die Infrastruktur investiert, dient auch der Weltausstellung und umgekehrt.
Das Volk möchte gefragt werden
Gar nicht überzeugt von dieser Doppelkandidatur sind vorerst nur die Grünen, die als einzige Fraktion im Stadtrat, zusammen mit einer Vertreterin der linken Parti de Gauche gegen die Olympiapläne gestimmt hat. Immerhin möchten laut einer Umfrage aber 72 Prozent der befragten Pariser, dass die Bevölkerung zu derartigen Vorhaben bei einer Abstimmung konsultiert wird.
An kritischen Stimmen fehlt es nicht, die fragen: Braucht denn Paris – ohnehin die „schönste Stadt der Welt“ und internationales Tourismusziel Nummer eins – solche Events als zusätzliche Attraktion? Könnte der Massenandrang nicht im Gegenteil die Besucher vertreiben, die wegen der Kultur, der Gastronomie oder der Luxusgeschäfte kommen?
Viele Hauptstadtbewohner befürchten, dass sich das angeblich so bescheidene Budget – ähnlich wie schon in London oder Athen – als Selbsttäuschung, wenn nicht sogar als absichtliche Unterschätzung der Kosten herausstellen wird. Aber da nun der Wettkampf begonnen hat, wollen die meisten in Paris nicht bloß mitmachen, sondern auch gewinnen.
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