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Papst kommentiert AbtreibungenWie Nazis – nur mit Handschuhen

Papst Franziskus äußert sich zu Homosexuellen und Abtreibungen. Erstere könnten keine Familie sein, letztere verglich er mit Praktiken der Nazis.

Bekam bereits für andere NS-Vergleiche ordentlich Gegenwind: Papst Franziskus Foto: dpa

Rom dpa, epd | Nur Männer und Frauen können nach Ansicht von Papst Franziskus eine Familie sein. Die Menschen sprächen heutzutage von vielen Formen von Familien, sagte der Papst am Samstag der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge. Aber: Die Familie als Ebenbild Gottes seien einzig Mann und Frau, sagte der Papst und schloss damit homosexuelle Paare aus der Definition aus.

Zudem lobte er Frauen, die ihren fremdgehenden Männern vergeben. Viele Frauen – und manchmal auch Männer – blickten weg und warteten, bis ihr Partner wieder treu werde, sagte der Papst bei einem Forum katholischer Familien. „Das ist Heiligkeit, die aus Liebe alles vergibt.“

Der Papst, in dessen Heimatland Argentinien das Parlament vor wenigen Tagen für eine Legalisierung von Abtreibungen gestimmt hatte, kritisierte Schwangerschaftsabbrüche scharf. Abtreibungen von schwerkranken Föten verglich er mit Programmen der Nationalsozialisten.

„Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen.“ Man sollte Kinder so akzeptieren, wie sie seien, auch wenn sie manchmal krank seien, fügte er hinzu.

Ärzte rieten heute offenbar Schwangeren, Embryos mit Behinderungen abzutreiben, sagte der Papst in seiner frei gehaltenen Ansprache. Um für ein „ruhiges Leben“ zu sorgen, würden Leben ausgelöscht. Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, stellte Franziskus die rhetorische Frage, warum in der Öffentlichkeit keine kleinwüchsigen Menschen zu sehen seien. „Weil das Protokoll vieler Ärzte sagt, der wird nicht gut, schicken wir ihn weg.“

Liberaler als seine Vorgänger?

Franziskus sorgte bereits mehrfach mit NS-Vergleichen für Aufsehen. So brachte er etwa im April vergangenen Jahres Flüchtlingslager mit KZs in Verbindung.

Franziskus wirkt liberaler als seine Vorgänger. Er hatte in der Vergangenheit die Kirche dafür kritisiert, sich zu sehr auf Abtreibungs- und Verhütungsdebatten zu konzentrieren, und gesagt, es sei nicht an ihm, über Homosexuelle zu richten. In der Lehre der katholischen Kirche über Sexualität und Familienplanung gab es unter Franziskus aber keine Reformen.

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14 Kommentare

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  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen."

     

    Wo er Recht hat, hat er Recht!

    • @849 (Profil gelöscht):

      ???!!!??? Sie teilen also die schwulenfeindlichen, die NS-Verbrechen relativierenden päpstlichen Ansichten.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Nicky Arnstein:

        Wenn der Papst die Ehe als die zwischen Frau und Mann verteidigt, ist daran nichts Schwulenfeindliches. Er hat selbst zur Angelegenheit der Homosexuellen mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht als Richter aufspielen wolle.

         

        Die Nazivergleiche finde ich gut, weil sie zum Nachdenken anregen. Eine Verharmlosung sehe ich nicht (insofern die nationalsozialistische "Reinheit der Rasse" sich mit unserer Einstellung gegenüber behinderten Menschen berühren), allenfalls eine Überspitzung, die dem Vergleich die Brisanz verleiht. Dass der nicht jedem gefällt, war zu erwarten, aber was sollte auch ein Vergleich, dem jeder zustimmt?

  • So verdammenswert Religion grundsätzlich ist - man darf schon noch differenziert auf seine Aussagen schauen und den nicht-diskriminierenden, lebensbejahenden Teil gelten lassen.

     

    Oder anders: Katholiken können mit manchem recht haben.

  • Seine Marketing-leute waren in den letzten Jahren ja recht erfolgreich...

    Tatsächlich ist er aber auch nur ein Kathole, wie die anderen vor ihm. Was soll also neu, anders oder besser sein?

  • Na Servus

     

    Mich geht der Laden ja eh nix an!

    Aber dess ~>

    ”… Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, stellte Franziskus die rhetorische Frage, warum in der Öffentlichkeit keine kleinwüchsigen Menschen zu sehen seien. „Weil das Protokoll vieler Ärzte sagt, der wird nicht gut, schicken wir ihn weg.“…“

     

    Sorry - Aber - ”Herr wirf Hirn vom Himmel!“ Wo bitte - Lebt der Mann!

    Denn. Mit Verlaub - Wie für alle Manichäer/Ausschließlicher - gilt!

    Die Alleinseeligmachende!;(( - Ist heute schlicht ein reaktionärer bis asozialer Witz!

    Ein dazu häufig - Schlechter - ja Schrecklicher! Einschließlich - Ja - Hybris!

    Siehe u.a. Weltfremdes zur Homosexualität.

     

    kurz - ”Is ja rein ton katolsch zu warrn!“

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Weil er sagt, Ehe und Familie seien Frau und Mann vorbehalten? Das ist doch ein rationaler Standpunkt: nur wer Kinder kriegen kann und sie dann auch bekommt, ist halt für den Papst eine Familie. Hat die meiste Zeit gegolten und kann daher nicht so arg weltfremd sein! Ich jedenfalls kann diese Haltung verstehen, auch wenn ich sie nicht teile. Und ich teile sie deshalb nicht, weil es weltfremd ist, zu glauben, ein Eheversprechen halte ein ganzes Leben lang. Wenn dies aber nicht so ist, dann wachsen Kinder oft ohne ein Elternteil auf. Da sollte der Papst doch froh sein, wenn sich auch homosexuelle Paar um (adoptierte) Kinder kümmern wollen. Das vergößert schlicht den Adressatenkreis.

      • @849 (Profil gelöscht):

        "Das ist doch ein rationaler Standpunkt: nur wer Kinder kriegen kann und sie dann auch bekommt, ist halt für den Papst eine Familie."

         

        Mit anderen Worten: zeugungsunfähige oder zeugungsunwillige heterosexuelle Ehepaare sind keine Familie. Der Papst hält sich halt an die Devise: "seid furchtbar und mehret euch", auch wenn wir ja bereits eine Überbevölkerung haben. Was kümmert es ihn, dass so viele Kinder verhungern oder in menschenunwürdigen Verhältnissen aufwachsen.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Nicky Arnstein:

          Es kümmert ihn offenbar sehr, dass so viele Kinder verhungern. Und klar hält der Papst sich an die Devise. Sie wissen vielleicht nicht, wie sehr der Papst innerhalb des Vatikans und fundamentalistischen Katholenkreisen angefeindet wird. Er wird daher, auch wenn er vielleicht in manchem Gedanken noch eher dem Mainstream folgt, kaum die Hardliner in der Kirche noch mehr verprellen wollen.

           

          Da Sie ja offenbar des Spanischen mächtig sind - vielleicht kennen Sie ja dieses Buch, das Gespräche zwischen Bergoglio und dem Rabbi von Buenos Aires enthält: http://www.catolicosalerta.com.ar/bergoglio/bergoglio-skorka.html

    • @Lowandorder:

      Wunderbar geschrieben! Ich hätte es nicht besser formulieren können. Danke!

      Ich schließe mich ihnen an!

      • @Mardersperger:

        ;) Danke. Einsamer Rufer in der Wüste!;)

        Dess - Rahm - ich mir!;))

        Mit Verlaub.

         

        unterm——>

        (klar - “Blindes Huhn…“ usw;)

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist. "

     

    Karl Marx Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      Wahrscheinlich meinen Sie, mit diesem Zitat etwas gegen die Religion gesagt zu haben. Dabei muss man Marx ja zugute halten, genau erkannt zu haben, dass der utopische Wunsch der Menschen sich in religiösen Haltungen "aufhebt". Gegen die Utpie als "wirkliche Verwirklichung des menschlichen Wesens" hatte er ja nun gar nichts einzuwenden. Dass sich die Religion bei einer solchen von selbst auflösen würde, hat er ja bekanntlich nicht mehr miterlebt.