Papst auf Lateinamerika-Tour: Angst vor Bedeutungsverlust
Papst Franziskus ist derzeit in Bolivien. Zudem besucht er ein vom Vatikan organisiertes Treffen der sozialen Volksbewegungen.
Auch die markigen Worte, mit denen sich der Papst und Präsident Evo Morales begrüßten, sind für die Galerie. „Deine Regierung ist korrupt“, „deine Amtskirche kolonisiert“ lauten die ausgetauschten Höflichkeiten. Doch der Argentinier Bergoglio und der Bolivianer Morales verstehen sich besser, als viele glauben machen wollen. Die beiden haben in Umweltfragen ähnliche Ansichten.
Zum Papstbesuch wurde vom Vatikan das zweite weltweite Treffen der sozialen Volksbewegungen organisiert. Ein Themenschwerpunkt ist dabei „Ernährungssouveränität, transgene Pflanzen und Saatgut“, ein Thema, das vor allem die kleinbäuerliche Landbevölkerung umtreibt. Dazu werden 40 Delegationen aus vier Kontinenten tagen.
„Zum ersten Mal spüre ich, dass ein Papst uns mit seinen Botschaften von Gerechtigkeit und Frieden begleiten kann, aber mit Frieden mit sozialer Gerechtigkeit“, sagte Morales am Dienstag in seiner Eröffnungsrede. Papst Franziskus wird am Freitag als Schlussredner erwartet.
Handschrift des Papstes
Der Papst hat sich in Bolivien für die Sünden und Vergehen der katholischen Kirche an einheimischen Völkern in Südamerika während der Eroberungszüge in der Kolonial-Ära entschuldigt.
Sein Vorvorgänger Johannes Paul II. hatte 2000 eine umfassende Entschuldigung für die Sünden der Kirche in Amerika in der Vergangenheit ausgesprochen. 1992 hatte er sich für „Schmerz und Leid“ während der 500 Jahre andauernden Präsenz der katholischen Kirche in Amerika entschuldigt.
„Ich bitte demütig um Vergebung, nicht nur für die Vergehen der Kirche an sich, sondern auch für Straftaten, die gegen die einheimischen Völker während der sogenannten Eroberung von Amerika verübt wurden“, sagte er unter dem Applaus der Menge. (ap)
Das Treffen trägt eindeutig die Handschrift des Papstes: Der will damit auch das verlorene Terrain bei den Basisorganisationen der Armen, Landlosen, Kleinbauern und indigenen Gemeinschaften zurückgewinnen. Die Abwanderung der Gläubigen zu evangelikalen Glaubensgruppierungen hält gerade in Lateinamerika unvermindert an. Daran haben alle Besuche und Großauftritte seiner Amtsvorgänger nichts geändert. Sollte der Trend nicht gestoppt werden, wird die einstmals mächtige und einflussreiche katholische Kirche in Lateinamerika zu einer Minderheitenreligion.
Das erste Treffen fand im Oktober 2014 in Rom statt. „Wir haben uns hier getroffen, um auf der Grundlage dreier Achsen – Land, Arbeit und Wohnen – die großen Probleme und Herausforderungen der menschlichen Familie (speziell Ausschluss, Ungleichheit, Gewalt und Umweltkrise) aus der Perspektive der Armen und ihrer Organisationen zu diskutieren“, heißt es in der Abschlusserklärung.
Teilgenommen hatten damals über 100 Vertreter von Basisorganisationen von allen Kontinenten, am stärksten vertreten waren Afrika und Lateinamerika. Von dort kam mit Evo Morales der prominenteste Gast.
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