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Papst-Messe im Olympiastadion Berlin"Gute und schlechte Fische"

Der Papst predigt sitzend im Olympiastadion, die Stimmung ist ausgelassen. Und Erzbischof Rainer Maria Woelki nennt Berlin "Stadt der Märtyrer".

"Die Kirche ist das schönste Geschenk Gottes": Papst Benedikt XVI. bei der Predigt im Olympiastadion. Bild: dpa

BERLIN taz | Auf der gut zehnminütigen Fahrt auf der blauen Rennbahn des Olympiastadions küsste der Papst ein halbes Dutzend Babys, die ihm sein Privatsekretär in das Papamobil reichte. Das wurde im vollen Stadionrund bejubelt – rund 70.000 Gläubige waren versammelt.

Alles, was der Katholizismus an Pracht aufzubringen in der Lage ist, wurde hier aufgefahren: Musik, Talare, Weihrauch, Messdiener, Bischöfe. Ausgelassene Stimmung am Anfang, sogar mitten in der Messe gab es "Benedetto"-Rufe.

Der neue Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, nannte in seiner Begrüßungsansprache des Besuch von Benedikt XVI. ein "Jahrtausendereignis" für Berlin, dieser Metropole, die vielen als gottlos gilt. Woelki aber betonte: Berlin sei nicht gottlos, sondern vielmehr eine "Stadt der Märtyrer", denn nirgendwo sonst seien so viele Menschen während der NS-Zeit für ihren christlichen Glauben von den Nazis ermordet worden – übrigens Christen unterschiedlicher Konfessionen. Die Ökumene sei für die Katholiken der Stadt keine Nebensache, sondern "überlebenswichtig".

Als Geschenk erhielt der Papst vom Bistum in Erinnerung an die christlichen Märtyrer ein künstlerisch gestaltetes Fenster des ehemaligen Gefängnisses Plötzensee, wo die Nazis auch christliche Widerständler hingerichtet haben. Die MessdienerInnen der Stadt hatten ein Geschenk mit etwas weniger Pathos für den Papst: einen Bauarbeiterhelm, der wohl den Pontifex Maximus vor Angriffen schützen soll – aber ausgesprochen wurde das nicht.

Dann die Predigt des Papstes, die er im Sitzen vortrug: Sie war ein einziger Appell, der Kirche trotz aller "Verfolgungen" die Treue zu halten. Denn die Kirche sei mehr als eine ganz normale gesellschaftliche Organisation, auch wenn es in ihr "gute und schlechte Fische, Weizen und Unkraut gibt". Man sollte jedoch nicht nur den "Blick auf das Negative" fixiert halten, sonst komme keine Freude mehr auf: "Die Kirche ist das schönste Geschenk Gottes", sagte der Papst. Es war eine Predigt zum Aufrichten der deutschen Kirche. Sie geht durch die größte Krise ihrer Geschichte.

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22 Kommentare

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  • L
    Lincoln

    Oh man, was werden hier Vorurteile und Urteile auf Grund Hörensagen gefällt. Wer sich einmal intensiv mit der Bundestagsrede und der Papstpredigt auseinandergesetzt hat, dem wird nicht entgangen sein, dass hier ein ziemliches Gewitter über jene niedergegangen ist, die ihren Vorteil daraus ziehen, dass sie andere übervorteilen, bzw ihre Unkenntnis ausnutzen.

    Aber so wie es aussieht, werden hier Meinungen vorabgefaßt, anstatt den eigenen Grundsätzen zu folgen und mit Toleranz dem Anderen zuzuhören. Toleranz gilt somit nur unter Linken und wer nicht links ist, dem wird Intoleranz entgegengebracht. Ehe man den Splitter im Auge des gegenüber erwähnt sollte man den Balken aus seinem eigenen Auge entfernen und nicht pharisäerhaft sein eigenes Glaubensmantra herabbeten. Denn wenn man sein eigenes Weltbild oder seinen Glauben nicht mit Inhalt füllt bzw umsetzt ist man nur eine leere Hülle. Da gab es doch irgendwo in einem Buch, das ein gewisser Glaube als das Buch der Bücher bezeichnet eine Geschichte in der genau das gesagt wird und nannte man den Erzähler nicht Amos?

  • MM
    Mirek M.

    Wieso ist der Artikel unter "Politik Deutschland" abgedrückt. "Relli" ist keine Politik, auch wenn es sich um Massenverblödung handelt.

  • N
    NotorischerNoergler

    @ Horst Schwabe

    Auch dieser Papst ist das "Oberhaupt" einer Volksverblödungsorganisation. So einer hat im Bundestag, wo ohnehin schon genug Halbgebildete den Mund aufreissen, meiner Ansicht nach nicht auch noch zu reden.

    Wenn Sie fordern, dass der "eine oder andere ferngebliebene Abgeordnete" (also der eine oder andere, der den katholischen Irrglauben durchschaut) am besten den Mund halten solle, ist das als Ihr Statement für mittelalterliche Borniertheit und für eine Abkehr von der Aufklärung zu werten.

  • CK
    Christian K

    Toleranz scheint bei der TAZ, nur für den Islam zu gelten. Gut zu wissen.

  • HD
    heult doch

    gute und schlechte FISCHER, nicht Fische

     

    (der Jünger Simon Petrus - zugleich der erste Pabst - war von Beruf Fischer; wird später in der Bibel auch als "Menschenfischer" bezeichnet; heutige Priester stehen gewissermaßen in seiner Nachfolge)

     

    p.s. fand den pabstauftritt im bundestag und die messe im olympiastadion gleichermaßen gelungen. freut mich, dass die selbsternannten links"intellektuellen" auch was zu tun haben. beste grüße

  • J
    JMX

    Wie heißt es so schön, der Fisch stinkt vom Kopf her...

  • U
    Unbenannt

    Ein weiterer Schritt in Richtung Totalverblödung. Ich wusste nicht, wie weit wir schon sind in diesem Land.

     

    30 Mio. € für den Werbefeldzug eines menschen- und frauenfeindlichen Zombies, den keiner sehen oder hören will. Der "Altar" allein für 400.000.- €.

     

    Wieviel % unserer Steuergelder mussten allein für die Sicherheit dieser komatösen Horrorgestalt aufgewendet werden? Er faselt was von guten und schlechten Fischen und von UNKRAUT und Ökologie? Sollte ihm nicht mal jemand mitteilen, dass es in der Natur überhaupt kein UNKRAUT gibt?

     

    Was bitteschön ist an dieser Machtdemonstration christlich? Gibt es etwas Zynischeres und Gottloseres als diese peinliche Zurschaustellung von Prunk und Pomp angesichts der Missstände und Armut in der Welt - mitverursacht durch diese faschistoide Kaste namens katholische Kirche? Ich kann es nicht ertragen...

  • VA
    V aus B

    @PeterWolf: auch in der ökologischen Landwirtschaft wird Unkraut bekämpft. Ökologisch, was natürlich aufwändiger ist

  • A
    Annette_M

    @PeterWolf: Ich würde den Weizen- und Unkraut-Vergleich in einen anderen Kontext als den der Ökologie stellen. In der Bibel gibt es mehrere Stellen, wo Jesus sich selbst und seine Lehre als "Weizen" bezeichnet. Etwa in dem Gleichnis vom Sämann,der auf verschiedene Böden sät, aber mit unterschiedlichem Erfolg, etwa weil das Unkraut schneller wächst als die "gute" Saat.Zugleich hat der Papst ja in seiner Perdigt innerhalb der Kirche fruchtbringende und trockene Reben ausgemacht, auch ein biblisches Bild. Jesus hat damit die gesetzesstrengen, aber herzlosen Pharisäer gemeint. Vielleicht solltem man Benedikt zugute halten, dass er damit abgeirrte Geistliche aller Art wie Williamson oder Päderasten meint, die wahrlich nicht zum Gedeihen der Kirche und des christlichen Glaubens beitragen.

  • C
    chris

    Dieser Mann lebt zu großen Teilen entrückt in seiner theologischen Welt, was sich in seinem unkonkreten, unverständlich verschwurbelndem Gesäusele äussert. Was er eigentlich will, bleibt einem verborgen. Mich erstaunt, wie unterwürfig manche Medien berichten, wie sehr hier irgendwelche Bedeutungen in seltsamen Worten gesucht werden. Es wird wieder keinen offiziellen Termin mit Kritikern oder Missbrauchsopfern geben, das alles ist nur eine Riesenshow um einen vom Alter gezeichneten Mann, von dem nichts mehr zu erwarten ist. Und welche nebenbei Millionen kostet, die woanders wesentlich besser angelegt wären.

  • BD
    Benedikt der Echte

    Musik, Talare, Weihrauch, Messdiener und Bischöfe = Katholizismus?

     

    Dann liebe taz, in Zukunft auch:

    Muezzine, Minarette und Moscheen = Islamismus

     

    Ach ja, und: Rythmus, wo man mit muss = Kapitalismus!

  • RW
    Rosa Welz

    Von katholischer Pracht konnte bei dieser Messe nun wirklich nicht die Rede sein. Die Bühne war eine unproportionierte Design-Katastrophe, die wohl dem eh schon verunglückten Logo des Erzbistums Brandenburg nachempfunden sein sollte. Von der komplett beliebigen Säusel-Musik will ich gar nicht erst reden.

  • WB
    W. B.

    Schöne Symbolik beim Papstgottesdienst:

    Der Papst thront 10 Meter über der Politprominenz. Die weltliche Macht ganz klein! Es gibt was Höheres und Wichtigeres als Hartz IV und ESM!

  • O
    Olümpionik

    Wieso eigentlich Olympiastation?

     

    Ist das Predigen und Verschweigen von Problemen jetzt schon olympische Disziplin?

  • DG
    Der große Entgräter

    Bekanntlich gibt es zwei Sachen, die nach Fisch riechen.

     

    Der Geruch von Verwesung aus dem Vatikan ist in doppelter Hinsicht nicht mehr zu ertragen. Kann es sein, daß das Gewässer biologisch längst abgestorben ist?

     

    Da müßte man wohl mal gründlich saubermachen und am besten gleich eine neue Religion gründen.

     

    Leider wurde das Geruchsfernsehen noch nicht erfunden. Sonst hätte die weitgehend unkritische, einen halbtoten Kult noch feiernde Berichterstattung für jeden Zuschauer die angemessene Note bekommen.

  • I
    ichfassesnicht

    massenverblödung gestern und heute

  • JB
    Jens Berlin

    Kurze Nachfrage an Woelki: sind diejenigen Kommunisten, Zeugen Jehovas, Gewerkschaftler, Atheisten etc die ebenfalls im Kampf gegen Hitler gestorben sind nun auch im Märtyrerhimmel, oder schmoren diese zusammen mit den Hitlerjüngern in der Hölle? Ich kann die selektive Wahrnehmung nicht mehr ertragen: in der DDR waren alle Hitlergegner Kommunisten, bei Woelki werden die Christen zu Märtyrern hochtstilisiert. *Ironie an* Immerhin, auch Protestanten werden erwähnt *Ironie aus.

  • V
    vic

    Ratzinger küsst Babys und die Menge bricht in Jubel aus. Was sind wir doch für ein blödes Volk.

  • WB
    Wolgang Banse

    Kirche treu bleien

    Wenn man die Predigt von Papst Benedikt im Olympia-Stadion in Berlin zusammen fasst,lautet die Kernaussage der Predigt trotz Vefehlungen bei der Stange zu bleiben und der Kirche treu bleiben.Mehrfach wurde die gehaltene predigt von Papst Benedikt XVI mit Beifall unterbrochen.Da auch ökumenische Gäste der Heiligen Messe beiwohnten wäre es eine gute Chance gewesen,diese an zu erkennen und gewisse Zugeständnisse zu machen,wie diese z.B.dass konfessionsverschiedene Partner an der Kommunion teilnehmen können.

  • P
    PeterWolf

    "Denn die Kirche sei mehr als eine ganz normale gesellschaftliche Organisation, auch wenn es in ihr "gute und schlechte Fische, Weizen und Unkraut gibt"."

    (Äh, "Unkraut"??? Hatte er vorher nicht was von "Ökologie" gefaselt?)

    Wer in diesem Zusammenhang (Kirche) den Begriff "Unkraut" verwendet, meint tatsächlich "Unmensch".

    Einem angeblich hochintelligenten und gebildeten Theologen fallen im Vorfeld seines Auftritts solche Fauxpaus in seiner Rede nicht auf?

    Wenigstens haben wir eine Bundeskanzlerin, der es offensichtlich vollkommen egal ist, wer unter ihr Papst ist, auch wenn sie Vorsitzende der CDU ist.

  • HS
    Horst Schwabe

    Also, ich finde den Papst gut. Und ich finde es auch gut, daß er im Bundestag spricht. Ich würde es begrüßen, wenn er dort öfter sprechen würde und dafür der eine oder andere ferngebliebene Abgeordnete weniger.

  • AA
    auch andere...

    ...einstmals vom volk gewählte persönlichkeiten in deutschland und anderswo ermahnen und ermahnten schon zum durchhalten bis zum bitteren ende, ohne das "schlechte" des eigenen vorgehens ansehen zu wollen.

     

    wer menschen verurteilt und ausgrenzt, weil sie entweder wieder verheiratet oder homosexuell sind und/oder kondome benutzen, lebt wie andere diktatoren in einer eigenen phantasiewelt und möchte diese "auf teufel komm raus" als das einzig gute leben durchsetzen. das hat nichts mit demokratie und menschenrechten zu tun.

     

    das ist kriminell.