Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit: Schwarz-Gelb päppelt Ärzte auf
Die künftige Koalition aus Union und FDP will Ärzte und Apotheker vor Konkurrenz schützen und Privatversicherer stärken. Das geht aus einem Papier vor, das der taz vorliegt.
BERLIN taz | Zwar sind sich die Koalitionsverhandler beim Thema Gesundheitsfonds bislang noch nicht einig geworden. Doch haben sich Union und FDP laut einem Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit, das der taz vorliegt, bereits in vielen Punkten geeinigt. Die Unterlagen mit Datum vom vergangenen Freitag enthalten zahlreiche Formulierungen für gesundheits-, pflege- und drogenpolitische Vorhaben, die unter den künftigen Koalitionären Konsens sind. Demnach sollen niedergelassene Ärzte, Apotheker und private Krankenversicherer finanziell besser gestellt werden. Das geht nur auf Kosten der gesetzlich Versicherten oder der Steuerzahler.
Ärzten stellt Schwarz-Gelb höhere Honorare in Aussicht. Die Gebührenordnungen für Ärzte und für Zahnärzte werden "an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst" und "Kostenentwicklungen" berücksichtigt. Das heißt: Die Sätze, nach denen Mediziner Leistungen abrechnen, dürfen voraussichtlich schneller und deutlicher steigen als derzeit. In den vergangenen Jahren hatte das von der SPD geleitete Bundesgesundheitsministerium versucht, dieses Anwachsen zumindest zu verlangsamen. Für Kostensteigerungen kommen Kassenmitglieder mit ihren Beiträgen und Bürger mit ihren Steuergeldern auf.
Die Konkurrenz zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, die Ministerin Ulla Schmidt in den vergangenen Jahren nach Kräften förderte, soll weitgehend aufhören: Kliniken müssten nach dem Willen der Arbeitsgruppe Gesundheit weniger Möglichkeiten erhalten, ambulante Dienste anzubieten.
Künftig soll es auch wieder einfacher werden, von der gesetzlichen in eine private Krankenversicherung zu wechseln. Ulla Schmidt machte es zur Pflicht, dass ein Wechselwilliger mindestens drei Jahre in Folge ein Jahreseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze vorweisen musste, bevor er zu den Privaten wechseln darf. Das schnürte Privatversicherer vom Nachschub an jungen Gutverdienern ab. Schwarz-Gelb will diese Frist auf ein Jahr zu verkürzen.
Den Status der Apotheker wollen die Gesundheitspolitiker der drei Parteien stärken. Konkurrenz durch "die Abgabe von Arzneimitteln in sogenannten Pick-up-Stellen" wollen die Koalitionäre "verbieten". Die ursprünglich bereits für 2006 vorgesehene Einführung der elektronischen Gesundheitskarte soll vorerst gestoppt werden.
MATTHIAS LOHRE
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