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■ VorlaufPapas Lieblingslegende landet in den 90ern

„Kommissar Beck – Der Lockvogel“, Samstag, 22.25 Uhr, ARD

Kurz nach Ostern versucht sich die ARD heute auch mal mit Auferstehung, wenn auch einer medialen: Wiedererweckt ist die Krimi- Legende Kommissar Beck aus Abba-Ikea-Land. Sein erstes Kommissarsleben hauchte dem zum Grübeln neigenden Martin Beck das Autoren-Ehepaar Maj Sjöwall und Per Wahlöö ein. Es wurde während seiner zehn Jahre und zehn Bücher mit mehr als zehn Millionen verkauften Exemplaren zunehmend gesellschafts- und polizeikritischer und erlangte Kultstatus: „Beck war eine Art Temperaturfühler der 60er Jahre“, sagt sein heutiger Regisseur Pelle Seth.

1975 fand Becks Kommissarstätigkeit jäh ein vorläufiges Ende, als „Vater“ Wahlöö noch während der Drucklegung verstarb. Unter den zahlreichen Verfilmungen verschaffte Walter Matthaus Beck- Adaption in „Massenmord in San Francisco“ 1973 der Figur weltweite Bekanntheit. Ein vor drei Jahren auf RTL gezeigter Achtteiler machte Beck zum Grimme- Preis-Träger.

Seine jetzige Wiederbelebung mit dem Geld der ARD-eigenen Degeto im Verein mit schwedischen und dänischen Produzenten ist allerdings nicht bloß das Ausbuddeln von Papas Lieblingsmumie. Der in Schweden hochdekorierte Drehbuchschreiber Rolf Börjlind hat den Kommissar mit dem Segen der Beck-„Mutter“ May Sjöwall hart in die 90er gebeamt. Die Stoffe kommen aus dem rauhen Arsenal unserer Tage. Im ersten Skript, das schon 1994 fertig war, geht es um Kinderprostitution, wie sie hernach im belgischen Dutroux-Fall aufgedeckt wurde, im zweiten um Party-Drogen-Dealer, die in Polen produzieren, usw. Die Regisseure Pelle Seth und Kjell Sundvall übersetzen das kongenial in die heute gern gepflegte Ästhetik der Düsternis mit dichter, oft ungewöhnlich plazierter Kamera, jump cuts und angeschnittenen Bildern und untermalt mehr mit Suspense-Geräuschen als mit Musik. Damit sind sie alles in allem offenbar tatsächlich im Temperaturbereich der jetzigen Dekade gelandet.Ulla Küspert

Weitere Beck-Fälle am 2., 16. und 23. Mai, im Herbst erneut vier.

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