Pannen bei der Bundeswehr: Wir. Kriegen. Alles. Kaputt.
Die deutsche Waffenhilfe für Kurden im Irak kommt wegen kaputter Flugzeuge nur schleppend voran. Offenbar sind Technikprobleme bei der Bundeswehr weit verbreitet.
LEIPZIG/BERLIN dpa | Die deutschen Waffenlieferungen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nordirak haben begonnen. Nach stundenlanger Verzögerung wegen eines Defektes flog von Leipzig aus am frühen Donnerstagmorgen eine erste Maschine mit Panzerfäusten, Gewehren und Munition ab. Dies bestätigte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr. Die Waffen sollen der kurdischen Peschmerga-Armee im Norden des Landes übergeben werden.
Insgesamt werden in den kommenden Wochen 10.000 kurdische Kämpfer mit Waffen für 70 Millionen Euro aus Bundeswehrbeständen ausgerüstet. Die Terrormiliz hat weite Teile Syriens und des Iraks erobert.
Der Start der Transportmaschine war ursprünglich für den Mittwochmittag geplant. Das vorgesehene Flugzeug der niederländischen Luftwaffe war jedoch kaputt gegangen, Ersatzteile mussten eingeflogen werden. Auch eine Gruppe von Bundeswehrausbildern, die die Kurden vor Ort an den Waffen einweisen sollen, saß am Mittwochabend weiter in Bulgarien fest – ebenfalls wegen eines defekten Flugzeugs.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommentierte die Verzögerungen nicht. Sie räumte Probleme beim Lufttransport ein, betonte aber zugleich, alles in allem sei die Bundeswehr „hoch leistungsfähig“.
Doch Mängel an Fahrzeugen, Hubschraubern und Flugzeugen schränken die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr offenbar weit stärker ein als bisher bekannt. Dies berichteten Bild-Zeitung, Passauer Neue Presse und Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf eine Liste der Bundeswehr. Die Übersicht legte Generalinspekteur Volker Wieker den Verteidigungspolitikern des Bundestags vor. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte wegen der Vertraulichkeit des Dokuments dazu keine Stellung nehmen.
Die Angaben der Zeitungen unterscheiden sich im Detail. So stehen laut Süddeutscher Zeitung beim Heer von 180 Transportfahrzeugen Typ „Boxer“ im sogenannten Buchbestand lediglich 70 für Ausbildung, Übungen oder Einsätze parat, während 110 instand gesetzt würden.
„Noch desolater als angenommen“
Laut Bild sind nur 42 der 109 Eurofighter und 38 der 89 Tornados der Luftwaffe momentan für einen Einsatz verfügbar. Als „nicht versorgungsreif“ würden außerdem der Kampfhubschrauber Tiger und der Transporthubschrauber NH90 klassifiziert. Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner sagte dem Blatt, die Lage sei „noch desolater als angenommen“.
Wie die Passauer Neue Presse berichtete, können nur 24 der 43 aktuell verfügbaren Transall-Maschinen C-160 starten. Beim Transporthubschrauber CH-53 seien es nur 16 von 43. Bei der Marine ist demnach nicht nur ein großer Teil der Hubschrauber defekt: Drei der fünf Aufklärungsflugzeuge vom Typ P3-C Orion müssen laut dem Bericht wegen Mängeln am Boden bleiben. Auch eine der acht Fregatten sei nicht einsatzbereit, überdies könnten nur sechs der elf Minenabwehreinheiten der Marine genutzt werden. Erst am Montag war bekanntgeworden, dass die Marine derzeit nur noch maximal 5 ihrer 43 Hubschrauber einsetzen kann.
Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, forderte mehr Geld für die Streitkräfte. In bestimmten Bereichen wie bei Flugzeugen, Hubschraubern oder auch bei der Aufklärung seien die Auswirkungen „einer chronischen Unterfinanzierung“ zu spüren, sagte Kujat den Stuttgarter Nachrichten. Nach einer Faustregel müssten Staaten 30 Prozent ihres Wehretats aufwenden, um eine Armee modern zu halten. In Deutschland seien dies 2013 nach Nato-Kriterien gerade mal 16 Prozent gewesen.
Den Bundeswehrausbildern in Bulgarien war zuvor tagelang von den irakischen Behörden die Einreise verweigert worden. Und schon ihr Aufbruch in Deutschland hatte unter keinem guten Stern gestanden: Als sie am Freitag auf dem Nato-Flugplatz Hohn in Schleswig-Holstein losfliegen wollten, war die vorgesehene Transall ebenfalls defekt.
Die Bundeswehr startet am Donnerstag auch ihren ersten Ebola-Hilfsflug nach Westafrika. Eine Frachtmaschine soll vom Flughafen Köln/Bonn rund zehn Tonnen Material in die senegalesische Hauptstadt Dakar bringen. Von dort aus soll später eine Luftbrücke nach Monrovia in Liberia eingerichtet werden.
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