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Panne bei SicherheitsaktionTest-Terrorist löst Großeinsatz aus

Die slowakische Polizei platzierte zum Test Reisenden unbemerkt Sprengstoff im Gepäck: Eine Versuchsperson wurde vergessen und löst in Dublin einen Großeinsatz aus.

Wurden unbemerkt im Reisegepäck platziert: 96 Gramm RDX-Sprengstoff, der sich bei Temperaturen von unter -4°C selbst entzünden kann. Bild: dpa

DUBLIN taz | Der Test ist gründlich schiefgegangen. Slowakische Beamte schmuggelten am Samstag auf dem ostslowakischen Flughafen Poprad-Tatry, dem höchstgelegenen internationalen Flughafen Europas, Sprengstoff in das aufgegebene Gepäck von acht Passagieren. Spürhunde fanden immerhin sieben Päckchen. Der achte Passagier reiste mit seinem explosiven Koffer unbehelligt nach Dublin.

Den slowakischen Sicherheitsbeamten fiel erst drei Tage später auf, dass ihnen eine unfreiwillige Testperson durch die Lappen gegangen war. Sie informierten die irischen Kollegen am Dienstag und lösten damit eine Riesenaktion aus. Die Polizei fand heraus, dass es sich bei dem Passagier um einen 49-jährigen slowakischen Elektriker handelte, der seit drei Jahren in der Dubliner Innenstadt wohnt und den Weihnachtsurlaub in der Heimat verbracht hatte. Mit Hilfe der Armee wurde die Gegend weiträumig abgesperrt, die umliegenden Wohnungen und Geschäfte wurden evakuiert. Dann stürmten die Sicherheitskräfte die Wohnung und nahmen den Mann fest.

Da das Päckchen gut versteckt war, hatte er es beim Auspacken seines Koffers nicht gefunden. Er wurde drei Stunden auf dem Polizeirevier verhört. Erst auf Rückfrage gaben die slowakischen Beamten zu, dass sie selbst den Sprengstoff platziert hatten - 96 Gramm RDX, das in Deutschland unter dem Namen Hexogen bekannt ist. Ein Sprecher der Polizei versicherte, dass RDX bei Zimmertemperatur stabil sei und nur mit einem Zünder zur Explosion gebracht werden könne. Was er nicht sagte: Der Sprengstoff kann sich unter 4 Grad minus selbst entzünden, was bei den derzeitigen Temperaturen durchaus möglich gewesen wäre.

Die irische Regierung hat nun eine Untersuchung eingeleitet. Man fragt sich, warum den slowakischen Beamten nicht sofort auffiel, dass eines ihrer Versuchskaninchen mit dem brisanten Gepäck an Bord gelangt war. Warum dauerte das drei Tage? Der irische Justizminister Dermot Ahern sagte, er sei zutiefst beunruhigt über das Verhalten des EU-Partnerlandes. Der slowakische Innenminister Robert Kalinak hat sich inzwischen bei der irischen Regierung entschuldigt.

Die Oppositionsparteien wollen darüber hinaus gerne wissen, warum der Sprengstoff nicht wenigstens bei der Einreise in Dublin entdeckt wurde. Die Dubliner Flughafenbehörde verteidigte sich: Auf allen internationalen Flughäfen werden lediglich die abfliegenden Passagiere einer Sicherheitskontrolle unterzogen.

Seinen Koffer sollte der slowakische Elektriker jedenfalls wegwerfen. Beim nächsten Mal funktionieren die Spürhunde vielleicht besser und entdecken Sprengstoffrückstände in seinem Koffer.

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20 Kommentare

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  • F
    fads

    Was mich an der Geschichte jetz taber wirklich ärgert das die einfach irgendwelche Personen als Terroristen missbrauche. Würde es zum Testen nicht reichen einfach irgendwelche Koffer ins gepäck zu mischen die keinem echtem Passagier gehöhren. Ich möchte nicht ausversehen mit so einer Ladung in den USA landen und dann erst mal 3 Jahre in irgnedeinem Loch verbringen, weil man ja so ein böser Terrorist ist ohne was zu wissen. Ist ja fast so wie bei den unwissenden Drogenschmugglern. Am besten man reist ohen Gebäck und kauft am Zielort und entsorgt danach wieder dort den Kram in den Müll.

  • VW
    Völlig wirre Geschichte!

    Himmel, kranke Welt!

     

    Irgendwie ist die Geschichte unkomplett. Da fehlt viel an Informationen!

  • H
    homeland

    Ja ne ist klar, wir brauchen unbedingt Nacktscanner.

  • A
    aka

    unglaublich, wie wir verarscht werden! hat das irgendwelche konsequenzen? nö, oder? wahrscheinlich sind ne ganze menge leute traurig, dass das ding nicht hochgegangen ist - dann wäre nämlich der rubel gerollt in der sicherheitsindustrie.

    klagt der elektriker wenigstens?

  • S
    Stephan

    Vielleicht gibt es ja für ALG-II-Empfänger bald die Pflicht, den Job als Test-Terrorist anzunehmen. Würde mich nicht wundern...

    Letztens hatte ich gelesen, dass eine ARGE Empfänger unter Androhung von Leistungskürzung verpflichtet hat, freie Stellen zu ergreifen als Prostituierte. Schießlich ist es ja jetzt ein legaler steuer- und krankenversicherungspflichtiger Job.

  • M
    Mat

    Ich würde mich gerne als Test-Schwarzgeld-Schmuggler anbieten - vorausgesetzt ich werde dann auch vergessen.

  • IN
    Ihr Name wes

    Was hätten wir eigentlich für Schlagzeilen gelesen, wenn der Eelektriker auf der Reise entdeckt und festgenommen worden wäre? Al Kaida-Attentat in letzter Minute verhindert? Sind da sicherheitshalber gleich mehrere nichts ahnende "Terroristen" von Polizei und Geheimdiensten losgeschickt worden, um auf jeden Fall den "vereitelten" Anschlag zu liefern, mit seiner Rechtfertigung der US-Angriffe auf Dörfer im Jemen?

    Immrhin sagten Augenzeugen im Detroitflug aus, der angebliche Attentäter habe nach der Verpuffung völlig verblüfft ausgesehen (hatte er vielleicht gar nicht damit gerechnet, dass es bloß zu einer Verpuffung kommt, weil man ihm vorher anderes sagte?.) Der verwendete Experten-Sprengstoff (von Geheimdiensten und Miitärs benutzt)reagiert laut Experten auf Initial-Schlagzündung und auf sonst nichts.

    Ein Ncktscanner kostet rund 150.000 Dollar.Im Vorstand eines der bekanntesten Lieferanten sitzt - Michael Chertoff, der ehemalige Homelandsecurityboss zu Katrinazeiten. Es geht immer um's Geschäf, beim "War on Terror"...

  • D
    danny

    aha aha Wieso packt mir jemand ohne mein Wissen sprengstoff in den koffer ?? freu mich schon auf die nächste Reise ... beim Auspacken eine Notiz: " Hallo hier ist die Deutsche Regierung , sie hatten übrigends kurzzeitig 2 Kilo Heroin im Koffer". Ach wie schön !

  • P
    P.Haller

    Ich habe langsam den Eindruck, dass vom Terrorismus an sich nicht so viel Gefahr ausgeht wie von der Terrorismushysterie.

    Was wäre denn passiert, wenn die "Testbombe" hochgegangen wäre ?

    Dann hätten wir jetzt viele Tote und einen Selbstmordattentäter mehr !

    Und ich glaube kaum, dass sich dann die slowakischen Behörden geoutet hätten !

     

    Das wird immer bescheuerter !!!

  • SL
    Sam Lowry

    "Elektriker mit Verbindung zur Al Qaida in Dublin erschossen!" oder "Al-Qaida-Selbstmord-Attentäter auf dem Flug nach Dublin. 178 Tote."

    (Muss man jetzt schon Angst vor der "Sicherheit" haben?)

  • K
    kopfkratz

    Warum stürmen die dem seine Wohnung, nehmen ihn fest? Was fragen sie ihn drei Stunden lang. Immens skurrile Geschichte das.

  • I
    imazined

    Die slowakische Regierung entschuldigte sich bei irischen Regierung - aha.

     

    Und was wurde aus dem Passagier? Hat sich jemand bei dem entschuldigt?

     

    Aber der Beruf des Test-Terroristen wär doch mal ne arbeitsmarkttechnische Innovation.

  • T
    Thomas

    In dem Artikel kommt überhaupt nicht zum Ausdruck, wie jetzt dem Betroffenen zumute ist. Erst wird so ein Schwachsinn staatlicherseits verzapft und dann wird sich bei der irischen Regierung entschuldigt. Was ist mit dem Elektriker? Bekommt der wenigstens eine Entschädigung von diesen Chaoten?

  • PB
    Pater Brown

    Doofer Witz, aber wie lange brauchen Beamte, um bis acht zu zählen?

  • W
    Watchdog

    Unglaublich...Was fällt denen ein, bei unbekannten Leuten einfach Sprengstoff in den Koffer zu packen.

     

    Da sollen die doch ihre eigenen Beamte in Zivil mit solchen Koffern losschicken. Die können sich im Zweifel dann auch ausweisen.

     

    Ganz tolle neue EU Mitglieder. Von Rumänien und Bulgarien gar nicht zu reden.

  • M
    Martin

    Es ist eine Unverschämtheit Personen zu nehmen, die nichts davon wissen. Man wird dafür ja wohl auch Polizisten nehmen können, die nach der Kontrolle den Flughafen verlassen. Ich würde mich für die Scherereien bedanken, wenn man in meinem Koffer etwas findet, was der "Staat" rein geschmuggelt hat!

  • M
    mirai

    Was hat da eigentlich nicht geklappt? Dass der Sprengstoff an Bord des Fliegers gelangt ist, oder dass er nicht hochgegangen ist?

     

    Man steckt doch nicht einfach einem Passagier fast 100 gr. Sprengstoff in die Tüte und "vergisst" das dann ein paar Minuten danach.

     

    Wäre die Geschichte explodiert, wären sicher mit einem Schlag europaweit sämtliche Überwachungsmaßnahmen umgesetzt worden, die derzeit noch in der Warteschleife hängen, weil sie nicht verfassungsgemäß sind und Bürgerrechte untergraben.

     

    Nach drei Tagen ist es ihnen dann wieder eingefallen. Hat es solange gebraucht, um die Gepäckraumheizung wieder in den Normalzustand zu versetzen?

     

    Ha ha ha, kleiner Scherz.

  • T
    Takeshi

    Vor wem muss man mehr Angst haben, von diesen schwachsinnigen Behörden oder vor al-Qaida?

    Aber das Volk als Versuchskanienchen zu missbrauchen ist ja auch in anderen Ländern an der Tagesordnung.

  • K
    Konrad

    Wie dreist ist es denn, den armen Menschen auch noch festzunehmen und zu verhören. Ich dachte die Slowaken hätten den Iren bescheid gegeben...

  • V
    vic

    So schnell kann´s gehen.

    Als Versuchskaninchen wird man schnell mal "auf der Flucht" erschossen. Notwehr eben, Al Quaida und so.

    Der wahre Sachverhalt kommt dabei nie an´s Tageslicht.