Panama Papers über Hongkong: Das Offshore-Geschäft läuft prächtig
Hongkong ist für geräuschlose Offshore-Geschäfte bekannt. Auch Chinas Führung nutzt sie und verbietet Berichte über die Panama Papers.
Hongkong war damit der wichtigste Markt für die Kanzlei, wie das Recherchenetzwerk International Consortium of Investigative Journalists erklärte. Die chinesische Sonderverwaltungszone hat sich zu einem Zentrum des Offshore-Geschäfts entwickelt. In den Zeitungen werben Dienstleiter mit raschen Firmengründungen und Kontoeröffnungen, bieten Steuer- und Buchhaltungsdienstleistungen an. Die Briefkastenfirmen werden genutzt, um Steuern zu minimieren, politische Risiken zu vermeiden und die Regulierungen in China zu umgehen. Und sie sind vollkommen legal.
Die Hongkonger Offshore-Finanz-Maschinerie funktioniert geräuschlos und effizient. Während andere Steuerparadiese wie die Schweiz nach jahrelangem Druck den europäischen und amerikanischen Steuerbehörden nachgaben, wahrt Hongkong trotz einiger Reformen seinen Ruf der Verschwiegenheit und nur loser Kontrollen. „Hongkong zieht diese Art des heißen Geldes aus der Region und weltweit an, teilweise wegen seiner angenommenen Stabilität“, erklärt Ian Willis, ein Partner bei Latymer Partners, einer Unternehmensberatung in London. Hinzu kämen lockere Finanzvorschriften und nur eine begrenzte Transparenz.
Die chinesische Regierung hat alle Vorwürfe aus den Panama Papers zurückgewiesen. Das Außenministerium in Peking erklärte, die Berichte seien unbegründet. In den chinesischen Medien wird gar nicht erst über die Unterlagen und ihren Inhalt berichtet. Die Steuerbehörden in Honkong kündigten „notwendige Maßnahmen“ angesichts der Offshore-Leaks an und erklärten, man wolle die Strafverfolgung effektiver machen, wenn die Briefkastenfirmen für illegale Zwecke genutzt werden.
Eine Firma für einen Dollar
Ansprechpartner von Mossack Fonseca in Hongkong waren Dienstleister wie P&P Secretarial Management. Das Unternehmen meldete zum Beispiel die Briefkastenfirma Harvest Sun Trading Ltd. in einem Gebäude am Rande des Hongkonger Rotlichtbezirks an. Registriert wurde die Firma auf den Britischen Jungferninseln. Einige Monate nach der Gründung ging sie an Jasmine Li, die Enkelin eines einflussreichen chinesischen Politikers – für einen Dollar.
P&P steht nicht im Telefonbuch, am Eingang zu einem Bürogebäude in Bezirk Wan Chai findet sich ebenfalls kein Hinweis auf das Unternehmen. Einen Empfang gibt es nicht und unangemeldete Besucher sind nicht gern gesehen. „Der Chef ist nicht da“, sagt schließlich eine Dame, die immerhin bestätigt, dass P&P ein Büro in dem Gebäude unterhält. „Er ist nächste Woche wieder da.“
Durch kleine Büros wie das von P&P fließen gewaltige Geldsummen, und die stammen nicht nur von Kunden der Kanzlei Mossack Fonseca. Die mittlerweile weltweit bekannte Anwaltsfirma aus Panama machte nach Informationen des ICIJ ein Drittel ihres Geschäfts in China und Hongkong.
Die Beliebtheit von Offshore-Firmen in Hongkong hat mit der besonderen Beziehung zu Festland-China zu tun. So gewährt China ausländischen Unternehmen Steuervergünstigungen. Andere Investoren nutzen den Vorteil, mithilfe von Briefkastenfirmen Vermögenswerte auf dem Festland verkaufen zu können, ohne erst Genehmigungen der Behörden dort einholen zu müssen. Hongkong erhebt überhaupt keine Steuern auf Einkünfte, die aus dem Ausland stammen.
Die Offshore-Geschäfte sind inzwischen weit verbreitet. Rund 75 Prozent der in Hongkong gelisteten Unternehmen säßen eigentlich auf Bermuda oder den Cayman Inseln, erklärt David Webb, ein früherer Investmentbanker und Aktionärsaktivist.
Peinlich für Chinas Führung
Die Offshore-Strukturen werden auch von der politischen und wirtschaftlichen Elite in China genutzt, wie aus den Panama Papers hervorgeht. Sie nutzen ebenfalls Mittelsmänner in Hongkong, um ihr Geld aus dem Land zu bringen. Vorwürfe für ein illegales Vorgehen lassen sich aus den Unterlagen allerdings nicht herauslesen. Trotzdem ist die Berichterstattung peinlich für die chinesische Führung, bemüht sie sich doch derzeit, den Kapitalabfluss aus dem Land zu bremsen und Korruption einzudämmen.
Als 2009 der Schwager des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, Deng Jiagui, zwei Unternehmen auf den Britischen Jungferninseln registrieren wollte, wandten sich seine Berater bei Mossack Fonseca an die Hongkonger Firma Wong Brothers & Co, wie Journalisten des ICIJ herausfanden. Partner dort ist Charles Chan Lum Chow, ein früheres Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes in der Provinz Guangdong, eines beratenden Gremiums des Nationalen Volkskongresses. Dengs Unternehmen ruhten bereits, bevor Xi das Präsidentenamt übernahm. Unklar ist, was mit den Vermögenswerten der Unternehmen passierte, sollten welche vorhanden gewesen sein.
„Jeder in der Elite braucht Hongkong“, sagt Ho Fung Hung, außerordentlicher Professor an der Johns-Hopkins-Universität . „Jeder. Sogar Xi Jinpings Familie braucht es. Sie haben keinen Anreiz, diesen Kanal, über den das Geld hinausfließt, zu schließen.“
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