Pakistani gegen Schmähvideo: Noch ein irrwitziger Mordaufruf
Ein Minister setzt 100.000 Dollar aus für die Ermordung des Produzenten des Mohammed-Schmähfilms. Und er lädt auch noch die Taliban und al-Qaida dazu ein
BANGKOK taz | Die Journalisten, die am Samstag in den Presseclub in Peshawar gekommen waren, um sich eine Rede von Bahnminister Ghulam Ahmad Bilour anzuhören, müssen geglaubt haben, sie hätten sich verhört. Bilour erklärte, er werde demjenigen, der den Verfasser des Schmähfilms „Die Unschuld der Muslime“ ermorde, aus eigener Tasche 100.000 Dollar zahlen.
Der Minister ging noch weiter, indem er erklärte: „Ich lade die Taliban-Brüder und die Brüder von al-Qaida dazu ein, mich bei dieser gesegneten Mission zu unterstützen.“ Er würde den Verfasser auch selbst umbringen und sei bereit, die Konsequenzen dafür zu tragen, fügte er hinzu.
Ein Sprecher von Premierminister Raja Pervez Ashraf distanzierte sich umgehend von den Äußerungen des Bahnministers. Shafqat Jalil sagte der BBC, die Regierung distanziere sich „vollkommen“ von der Erklärung.
Bilour sei kein Mitglied der regierenden Pakistanischen Volkspartei (PPP), daher habe sich der Premier mit der Führung der Awami National Party (ANP), der Bilour angehört, beraten, um über die nächsten Schritte zu entscheiden. Auch die ANP distanzierte sich von den Äußerungen ihres Ministers. Bilours Erklärung sei „persönlich“ gewesen. Die Parteiführung werde ihn dazu auffordern, sich zu erklären.
Mitschuld an der Eskalation
Bilours Mordaufruf kam nur einen Tag, nachdem sich im ganzen Land Randalierer bei Protesten gegen den Schmähfilm Straßenschlachten mit der Polizei geliefert haben. Mindestens 23 Menschen waren dabei ums Leben gekommen, mehr als 200 waren verletzt worden. In mehreren Städten haben Demonstranten Gebäude niedergebrannt. In Mardan im Norden des Landes ging eine Kirche in Flammen auf.
Unterdessen hat in Internetforen, Talkshows und in Zeitungskommentaren eine Debatte darüber begonnen, inwiefern die schweigende Mehrheit der Pakistaner eine Mitschuld an der Gewalt der vergangenen Woche trägt. Denn obwohl die Folgen der Ausschreitungen verheerend waren, hatte sich nur eine verschwindend kleine radikale Minderheit an den Protesten beteiligt. Doch die große, moderat eingestellte Mehrheit der Pakistaner scheint vor dem religiös-rechten Rand teilweise kapituliert zu haben. Mehr als 3.000 Pakistaner sind in den vergangenen Jahren bei Anschlägen im eigenen Land getötet worden.
Einige Kommentatoren kritisierten in diesem Zusammenhang insbesondere den Umgang der Regierung mit den Protesten vom Freitag. Diese hatte den Tag zu einem Feiertag erklärt und dazu aufgerufen, gegen das Schmähvideo zu protestieren. Offensichtlich dominiert die religiöse Rechte den öffentlichen Raum. „So tollpatschig, unorganisiert und uneinig sie sein mögen: Die verschiedenen Kräfte der Intoleranz haben schon längst allen anderen die Luft abgedrückt“, so ein Kommentar.
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