piwik no script img

Pakistan zensiert Internet"Ins Mittelalter zurückgeworfen"

Pakistan hat Internetseiten wie Wikipedia, Youtube und Facebook blockiert. Auslöser ist eine Facebook-Seite "Zeichne den Mohammed-Tag". Laut Gericht soll das Verbot noch bis zum 31. Mai gelten.

Protest gegen Facebook: Pakistanische Stundenten in Lahore am Mittwoch. Bild: reuters

Pakistanis sind es gewohnt, im Alltag auf Komfort wie etwa eine regelmäßige Stromversorgung zu verzichten. Doch als am Donnerstag früh der Blackberry-Service aussetzte, über den Hunderttausende Anwälte, Geschäftsleute und Studenten ihre E-Mails lesen, war der Aufschrei groß. Es kam noch schlimmer: Wenig später waren die Internetseiten von Wikipedia, Youtube, Worldpress und Flickr nicht mehr zugänglich.

Am Mittwoch bereits war die populäre soziale Netzwerkseite Facebook gesperrt worden, nachdem ein Gericht in Lahore dem Antrag einer Gruppe von Anwälten stattgegeben hatten, die sich über den angeblich gotteslästerlichen Inhalt einer Facebook-Aktion beschwerten. Doch findige Pakistanis kamen schnell darauf, dass Facebook immernoch über Blackberry-Mobiltelefone aufrufen werden konnte und unterliefen so den offiziellen Bann. Diesem Treiben bereitete die Telekommunikationsbehörde einige Stunden später ein Ende.

„Schließ Dich uns bitte nicht auf Facebook an, wir wurden gerade ins dunkle Mittelalter zurückgeworfen“, schrieben aufgebrachte Facebook-Nutzer in Pakistan in Abwandlung des offiziellen Facebook-Werbespruchs. In den Großstädten Lahore und Karachi wurden umgehend Kampagne gegen das Verbot gestartet.

Gegen Pornographie – die in Pakistan über Internet weit verbreitet ist – würden sich die Behörden auch nicht einschalten, obwohl das nicht mit dem Islam vereinbar sei, schimpften Facebook-Anhänger. Andere wiesen darauf hin, dass pakistanische Terror-Organisationen wie die „Tehrik-i-Taliban“ bislang ungehindert Werbung auf Youtube machen durften.

Laut Gericht soll das Verbot noch bis zum 31. Mai gelten. Stein des Anstoßes ist die Facebook-Seite "Zeichne den Mohammed-Tag", die dazu aufruft, eigene Karikaturen des islamischen Glaubensstifters ins Netz zu stellen. Die Abbildung des Propheten wird im Islam als Akt der Gotteslästerung betrachtet. Die Facebook-Seite war aus Solidarität zu den Machern der satirischen US-Cartoon-Serie „South Park" entstanden.

In einer Folge war der islamische Glaubensstifter Mohammed im Bärenkostüm aufgetreten. Diese Darstellung wurde später überarbeitet, nachdem der TV-Sender Drohungen erhalten hatte. Mohammed-Karikaturen eines dänischen Zeichners hatten 2006 zu wütenden Straßenprotesten in Pakistan geführt. Blasphemie kann in der islamischen Republik mit dem Tod oder mit Haft auf Lebenszeit bestraft werden.

Facebook ist in Pakistan enorm beliebt. Die Seite soll über zwei Millionen Nutzer haben. In dem streng konservativen Land ist das Internet vielfach die einzige Möglichkeit für Jungen und Mädchen, sich näher kennenzulernen und heimlich Dates auzumachen, ohne dass die Familie es merkt.

Pakistanis, die im Ausland leben, halten über Facebook Verbindung zu Verwandten und Freunden in der Heimat. Auch Ex-Präsident Pervez Musharraf, der in London mehr oder minder freiwillig im Exil sitzt, nutzt Facebook, um seine Anhängerschaft in Pakistan zu pflegen. Der Ex-General, der zwischen 1999 und 2008 das Land regierte, hat bereits über 200.000 Fans.

Pakistan hat eine unglückliche Geschichte, wenn es um Website-Blockaden wegen angeblicher Blasphemie geht. Im Zuge des dänischen Karikaturen-Streits 2006 sperrten die Behörden zwei Monate lange die Seiten Blogger.com und sämtliche blogspot.com-Adressen, weil die Zeichnungen dort aufzurufen waren. Doch schon damals fand die Internet-Gemeinde rasch Wege, das Verbot zu umgehen. Diesmal wird es kaum anders sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • T
    tmp

    Technische Frage:

    Was genau haben die nach diesm Beschluss gemacht?

    Haben die den DNS gesagt, sie sollen bei Facebook anfragen falsche IP rausgeben, oder wie läuft das da?

  • RE
    Regine Engel

    Ja das ist schon krass, aber kein Einzelfall!

    Denn in der Türkei gibt es auch eine Internetzensur, es sind ebenfalls Youtube und viele andere politisch, demokratische Seiten, die nicht im Sinne der türkischen Unterdrückung stehen, seit Monaten, nein seit Jahren für Jederman gesperrt........

    Weshalb wird über die ganze Welt berichtet, abe stets nie über die Intrigen der türkischen Regierung.....

    Gruss Regine