Datenschutzpannen bei Facebook: Mea Culpa von Zuckerberg

Ausgerechnet in einer Tageszeitung schreibt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, dass seine Firma in Sachen Datenschutz Fehler gemacht hat. Ob sich viel ändert, ist unklar.

Gibt zumindest auch seine eigenen Daten bei Facebook preis: Gründer Mark Zuckerberg. Bild: screenshot/facebook

Es scheint ein Signal an den Gesetzgeber zu sein, der in den letzten Wochen auch in den USA vermehrt Unbehagen über die Entwicklung bei dem Social Networking-Riesen formuliert hatte: Ausgerechnet in der wichtigen US-Tageszeitung Washington Post verfasste Facebook-Boss Mark Zuckerberg am Montag eine Art Mea Culpa. "Manchmal bewegen wir uns zu schnell", schrieb er auf der Meinungsseite des Blattes, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Donald Graham selbst Facebook-Investor ist. Es sei schwierig, in einem großen Netzwerk wie Facebook das Teilen von Informationen mit der Möglichkeit zu verbinden, dies auch adäquat zu kontrollieren und entsprechend einfach einstellbar zu machen. "Darüber denken wir die ganze Zeit nach und passen uns ständig an."

Als Hauptproblem habe Facebook in letzter Zeit erkannt, dass die Nutzer eine einfachere Kontrolle über Einstellmöglichkeiten haben wollten. "Viele halten sie für zu komplex." Intention sei gewesen, eine sehr feinkörnige Steuerung zu ermöglichen. "Doch das wollen viele nicht. Da lagen wir daneben." Tatsächlich hatte eine Analyse der New York Times kürzlich gezeigt, dass Facebook derzeit mehr als 50 Einstellmöglichkeiten beim Datenschutz mit über 170 Optionen verbindet. Die Vielfalt ist so groß, dass eigene Werkzeuge für vernünftige Einstellungen von externen Programmierern entwickelt wurden.

Zuckerberg schrieb, man habe dieses Feedback verstanden. "In den kommenden Wochen werden wir deshalb Privatsphäreneinstellungen ergänzen, die sich viel einfacher nutzen lassen." Außerdem wolle man Nutzern die Möglichkeit geben, Dienste von Dritten leichter abzudrehen - ein weiterer großer Kritikpunkt. "Wir hoffen, dass Sie mit dem Ergebnis unserer Arbeit zufrieden sein werden."

Vor kurzem erst hat Google via Bild "sorry" gesagt, weil die Kamera-Autos des Konzerns auch frei zugängliche WLAN-Zugänge gescannt haben. Und jetzt hat der Facebook-Chef Mark Zuckerberg für eine ähnlich blöde "Datenpanne" ebenfalls "sorry" gesagt. Wohlgemerkt: Niemand hat um "Entschuldigung" oder "Verzeihung" bitten müssen. Wer "sorry" sagt, unterwirft sich nicht, sondern erklärt nur ganz handlich und flott sein Bedauern, mehr nicht. Abgeleitet vom englischen Wort "sorrow" (Kummer) ist "sorry", wie übrigens auch das französische "pardon", unschlagbar lapidar, kostet nix und exkulpiert schlagartig, statt auf die Gewährung der Entschuldigung warten zu müssen. Das Deutsche kennt hier keine Entsprechung, tschulligung. (FRA)

Viel mehr als diese Aussage ohne genaue zeitliche Angaben ("in den kommenden Wochen") macht Zuckerberg allerdings nicht. Den Rest seines Artikels verbringt er damit, Facebook zu verteidigen. "Viele Leute wählen bewusst aus, Teile ihrer Informationen öffentlich zu machen, damit man sie auf Facebook finden kann." Das Netzwerk besitze bereits Mechanismen, die Sichtbarkeit dieser Informationen zu kontrollieren und wolle diese "sogar noch stärker" machen. An den Grundprinzipien des Netzes ändere das aber nichts. So habe der Nutzer die Kontrolle, welche Informationen geteilt und welche an Dritte weitergegeben werden. Werbetreibende erhielten keinen Zugriff auf persönliche Informationen. (Allerdings hatte erst kürzlich eine Studie des Forschers Ben Edelman gezeigt, dass das nicht immer stimmt.) Facebook verkaufe außerdem keine Informationen seiner Nutzer.

Markus Beckedahl, Internet- und Datenschutzexperte bei Netzpolitik.org, ist von Zuckerbergs Mea Culpa wenig überzeugt. "Er sagt nicht viel, was passieren wird", meinte er gegenüber taz.de. Ob eine Vereinfachung der Einstellungen auch zu einer Verbesserung des Datenschutzes führe, sei noch völlig unklar. An ein Rollback zu einem früheren Stand mit mehr Privatsphäre glaubt Beckedahl nicht. Dabei könne Facebook durch mehr Datenschutz nur profitieren: "Die Firma müsste mehr in den Datenschutz investieren und Datenschutz als Standortvorteil begreifen." Ansonsten werde es schwer, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.

Beckedahl sieht deshalb in alternativen Netzwerken wie dem kürzlich angekündigten "freien Facebook" Diaspora eine mögliche Zukunft. Solche dezentralen, offenen Strukturen könnten das Problem des Privatsphärenschutzes lösen. Allerdings müsse Diaspora erst beweisen, dass es funktioniere: "Das Projekt hat zunächst jede Menge Vorschusslorbeeren erhalten." Im Sommer sollen erste Teile des neuen Netzes der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Gründer, vier New Yorker Studenten um die 20, hatten innerhalb weniger Wochen mehr als 180.000 Dollar von Spendern einsammeln können, um das Vorhaben zu finanzieren.

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