piwik no script img

Pakistan wird wieder von einer Frau regiert

■ Benazir Bhutto gewann Unterstützung von unabhängigen Abgeordneten

Bombay (taz) – Benazir Bhutto ist seit gestern wieder pakistanische Regierungschefin. Sie erhielt in der Nationalversammlung, dem Parlament, 121 der 201 Stimmen und erreichte damit eine komfortable Mehrheit über ihren Rivalen Nawaz Sharif, den 72 Abgeordnete wählten. Damit erobert die 40jährige Bhutto zum zweiten Mal diesen Posten, nachdem ihre erste Amtsperiode 1990 nach 20 Monaten mit ihrer Absetzung geendet hatte. Ihr erneuter Sieg ist ein Beweis ihres Stehvermögens, nicht nur gegen ihre politischen Gegner, sondern auch in einer islamischen Gesellschaft, die immer noch zutiefst von patriarchalischen Werten gezeichnet ist.

Das deutliche Resultat zeigt, daß die Mehrzahl der Unabhängigen sowie die meisten Vertreter der religiösen Minderheiten und der Grenzstämme in den letzten Tagen auf Bhuttos Seite geschwenkt sind. Bhuttos „Pakistan Peoples' Party“ hatte in den Wahlen vom 6. Oktober zusammen mit einem kleinen Allianzpartner insgesamt nur 92 Sitze gewonnen. Daher hatte Nawaz Sharif zunächst versucht, durch Stimmenkauf die nötige Mehrheit auf seine Seite zu bringen. Als dies nicht gelang, ließ er in der Presse verschiedene Vorschläge zur Machtteilung verbreiten, die seine Konkurrentin jedoch beinahe höhnisch verwarf.

Die Abstimmung vom 19. Oktober hat die Erwartung bestätigt, daß die Unabhängigen für den vermutlichen Sieger stimmen, um daraus möglichst viel politisches Kapital zu schlagen. Dies gilt besonders für die Vertreter der religiösen Minderheiten, die in einem aggressiv islamischen Staat einen schwierigen Stand haben. So votierte etwa einer der vier Vertreter der Hindus, Ramachandra Singh, für Bhutto, obwohl er dem Kabinett von Nawaz Sharif angehört hatte.

Die opportunistische Stimmenabgabe für die Siegerin heißt aber auch, daß sie sich von ihr wieder abwenden können, sollte sich der Wind einmal drehen. Nawaz Sharif versprach zwar, er werde nicht versuchen, die neue Regierung zu stürzen, aber gleichzeitig beharrte er indirekt auf seinem Anspruch auf eine Führungsrolle, als er die versammelten Parlamentarier daran erinnerte, daß seine „Muslim-Liga“ mehr Stimmen als die PPP erhalten habe.

Damit zielte er wohl weniger auf den nun vergebenen Posten des Premierministers als jenen des Chefministers der wichtigen Provinz Pandschab. Dort erzielte die PPP gestern einen bedeutenden Erfolg, als nämlich Bhuttos Parteifreund Mohammed Haneef Ramay zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde. Bernard Imhasly

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen