PRO: NPD MUSS VERBOTEN WERDEN. STAAT DARF NICHT NUR ZUSEHEN: Stören, wo es geht!
Die NPD gehört verboten. Nicht weil damit von einem Tag auf den anderen alle ausländerfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Übergriffe aufhören würden – das werden sie nicht. Ein großer Teil der rechten Szene agiert ohne parteipolitische Organisation, etwa in den Sauf- und Prügelgangs der „Freien Kameradschaften“. Und es ist auch heute bereits verboten, Brandsätze in die Schlafzimmer kleiner Kinder zu werfen. Aber es kann nicht sein, dass die Bundesrepublik diese Partei einfach weiteragieren lässt, deren Jugendorganisation offensichtlich ein Sammelbecken und parteipolitischer Ausdruck der neonazistischen Gewaltwelle ist. Das hieße, staatliche Blindheit zum Programm zu erheben, hieße auch, das von der NPD vertretene Gedankengut als festen, mithin normalen Teil der politischen Landschaft der Bundesrepublik zu akzeptieren.
Wer sich als junger Mensch selbst politisch betätigt hat, kann sich vielleicht noch erinnern, welche Wirkung staatliche Kriminalisierung gehabt hat: Polarisierung und Radikalisierung bei einem – kleineren – Teil der Szene, angstvolles Zurückschrecken bei – den meisten – anderen. Legal, illegal, scheißegal: Es waren schon damals nur wenige, die das konsequent umgesetzt haben. Woher kommt eigentlich die Vermutung, das sei bei den Jugendlichen, die sich heute für Nazizeug interessieren, so viel anders?
Dass sich heute in ganzen Landstrichen das ausbreiten konnte, was als rechte Alltagskultur beschrieben wird, hängt unter anderem damit zusammen, dass die Nazis zu viel Raum legal einnehmen konnten. Verbote sind natürlich keine hinreichende, mitunter aber eine notwendige Bedingung, um glaubwürdig klarzustellen, dass Staat, Justiz und Gesellschaft nicht länger gewillt sind, betroffen zuzusehen.
Gegner eines Verbots argumentieren, es gäbe alsbald neue Gruppierungen und Auffangnetze. Mag sein. Aber zumindest ist die rechte Szene eine ganze Weile damit beschäftigt, diese Neuorganisation zustande zu bringen. Wer nicht zulassen will, dass die Neonazis ungestört ihre Strukturen pflegen, der muss sie eben stören. Ob das Verbot verfassungsrechtlich durchzusetzen ist, haben die Karlsruher Richter zu prüfen. Kann sein, dass es nicht funktioniert, weil einige Nazi-Winkeladvokaten sich auf den Umgang mit demokratischen Spielregeln verstehen, wenn es ums Eigeninteresse geht. Es aber gar nicht erst zu versuchen, hieße, den Kampf von Beginn an verloren zu geben – ein fatales Signal an die Opfer rassistischer Gewalt.
BERND PICKERT
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