PRO: DIE GRÜNEN MÜSSEN DIE ANTI-TERROR-POLITIK MITGESTALTEN: Die zivilisierte Welt hat Regeln
Soll die Regierungsbeteiligung der Grünen wirklich einen Gewinn an Rationalität in der deutschen Außenpolitik bewirken? Dann muss die Partei darauf hinwirken, dass USA und Nato völkerrechtliche Vorgaben beachten. Gerade ein Krieg der „zivilisierten Welt“ gegen den Terror hat die Regeln dieser zivilisierten Welt zu befolgen und darf nicht selbst Terror gegen Unschuldige ausüben.
Deshalb muss erstens feststehen, dass die Anschläge in den USA tatsächlich von Ussama Bin Ladens Netzwerk gesteuert wurden. Entsprechende Beweise wollen die USA derzeit zwar den Taliban nicht vorlegen, weil dies Geheimdienstquellen gefährden würde. Den Verbündeten jedoch müssen diese Belege offen gelegt werden, auch wenn aus denselben Gründen wohl keine parlamentarische Debatte möglich ist. Als Ersatz kommt die Prüfung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestags in Betracht. Zweitens muss feststehen, dass weitere Anschläge drohen. Denn nur dann sind die USA völkerrechtlich zur Selbstverteidigung und die Nato zur Hilfe berechtigt. Auf dieses Verteidigungsrecht beruft sich US-Verteidigungsminister Rumsfeld. Er will damit eine Mandatierung durch den UN-Sicherheitsrat vermeiden, die erforderlich wäre, wenn „nur“ eine allgemeine Bedrohung des Friedens vorläge. Vorrangig müsste versucht werden, Bin Laden vor Gericht zu stellen. Auch hier könnte die notwendige Prüfung der zugrunde liegenden Geheimdienstinformationen durch das PKG des Bundestags durchgeführt werden. Drittens muss sichergestellt sein, dass sich die Nato-Angriffe nur gegen die Institutionen und Unterstützer des Terrors richten – und nicht gegen die afghanische Zivilbevölkerung. Schließlich hat die Nato erst vor zwei Jahren im Kosovo interveniert, weil die jugoslawischen Truppen dort unter dem Vorwand der „Terrorbekämpfung“ massiv gegen die albanische Zivilbevölkerung vorgingen.
Die Achtung des Völkerrechts ist auch in schwierigen Situationen kein lästiger Formalismus, sondern gibt der westlichen Außenpolitik erst eine Perspektive. Schließlich kann die von Bush geschmiedete Koalition gegen den Terror nur dann Bestand haben, wenn sie auf allgemein anerkannten Prinzipien beruht. Außerdem sind diese Maximen auch in anderen Fällen der staatlichen Terrorbekämpfung nur dann glaubwürdig zu vertreten, wenn sie von der Nato selbst beachtet werden. In diesem Sinne müssen die Grünen versuchen, die Nato-Politik mitzugestalten: Sonst haben sie ein Außenministerium nicht verdient. CHRISTIAN RATH
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