PM(D)S und Elternschaft: Ungeduldiger und ungerechter
Die gesamte Energie von Müttern mit PM(D)S geht dafür drauf, ihre und die Emotionen ihrer Kinder zu regulieren. Unterstützung gibt es wenig.
A n besonders verzweifelten prämenstruellen Tagen, die, an denen ich kaum über die Energie verfüge, mein Bett zu verlassen oder wenigstens die Vorhänge aufzuziehen, frage ich mich häufig: was würde ich tun, müsste ich mich auch noch um ein Kind kümmern? Müsste ich in diesem Zustand die Grundbedürfnisse eines von mir abhängigen Menschen erfüllen? Das sind die Tage an denen ich verblüfft bin, dass die Welt noch nicht brennt, dass vor endokrinologischen Forschungszentren noch keine Sitzstreiks stattfinden.
Doch halt! Wer sollte denn dort sitzstreiken? Etwa Elternteile mit PM(D)S? Diejenigen, deren gesamte (eigentlich nicht vorhandene) Energie dafür draufgeht, ihre und die Emotionen ihrer Kinder zu regulieren? Die Tage vor den Tagen lebend – ja, Suizidwunsch ist ein real existierendes Symptom von PM(D)S – und ohne Einweisung in eine psychiatrische Klinik zu überstehen? Wohl kaum.
Ich habe im Freundeskreis und auf Instagram Betroffene mit PM(D)S gefragt, wie sich das so anfühlt, in diesen emotional explosiven Tagen, für ein Kind da sein zu müssen. Eine Antwort, die alle eint: das schlechte Gewissen.
Ein schlechtes Gewissen, das sich bis zum Selbsthass ausweiten kann. Sie seien gereizter, ungeduldiger, ungerechter und schimpften mehr.
Als Zustand doppelter Fremdbestimmung wurde PM(D)S mit Kind beschrieben. Einerseits bestimme das PM(D)S über einen, andererseits das Kind. Und man selbst? Einfach weitermachen. Denn Urlaub vom Kind bekommen Eltern nicht. Von Alleinerziehenden ganz zu schweigen.
In den allermeisten Fällen herrscht auch noch die Dreifachbelastung aus Lohnarbeit, PM(D)S, Kindererziehung vor.
Immer weitermachen
Weitermachen. Aufstehen, Frühstück richten, Tränen trocknen, wickeln, Termine wahrnehmen, Wutausbrüche händeln, freundlich mit anderen Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen kommunizieren, Lohnarbeit, Hausaufgaben, Nase putzen, einkaufen, kochen, Tränen trocknen, Interesse zeigen, Pausenboxen vorbereiten, präsent sein, Gute-Nacht-Geschichte vorlesen, trotzdem Freund*in sein, trotzdem Partner*in sein, immer sein, immer weitermachen.
Und all das, während man sich selbst zerfleischt. Weil man sich die Frage stellt ob man mit solch einem ausgeprägten PM(D)S überhaupt ein Kind hätte bekommen sollen. Weil in den Nachrichten von Krieg, Armut und Klimawandel berichtet wird und man die Ambivalenz dieses Kind über alles zu lieben und dennoch zu bereuen es in diese kaputte Welt gesetzt zu haben, nicht mehr erträgt.
Zerfleischt, weil man mal wieder zu laut wurde, wenn Bob der Baumeister zum zehnten Mal abgespielt werden sollte. Zerfleischt, weil man überhaupt irgendetwas abgespielt hat, statt mit dem Kind zu spielen. Zerfleischt, weil Tiefkühlpizza, statt gemeinsam zubereitetem Gemüseauflauf auf den Tisch kam.
Eine Person schrieb, sie hege in dieser Zeit den Wunsch einfach abzuhauen.
Wer weiß wie viele von denen, die sich tatsächlich dafür entschieden haben ihre Familie zu verlassen an PM(D)S leiden und wie vielen von ihnen hätte geholfen werden können. Gäbe es nur ENDLICH Forschung dazu.
Kinder machen Kindersachen. PM(D)S-Betroffene machen PM(D)S-Sachen. Bis sie irgendwann Hilfe erhalten. Bis dahin: vernetzt euch!
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