: P O R T R A I T „Echt chic, was da läuft“
■ Hopi Lebel, 19 Jahre, Oberschüler, Streikführer, zwischen Courage und Mitterand
Paris (taz) - „Jetzt verstehe ich, wie die französische Revolution möglich war. Du weißt nicht, wie toll es ist.“ Hopi Lebel, 19 Jahre, Abi–Jahrgang, besucht eines der alten Pariser Traditionsgymnasien. „Ein links–intellektuelles Milieu - hat nichts mit der Vorstadt zu tun.“ Hopi Lebel ist einer der Streikführer seiner Schule. Er sieht gut aus: Levis 501 und eine Bowie–Frisur. „Ich kam am Montag ins Cafe. Wir diskutierten den Uni–Streik und sagten: echt chic, was da läuft. In der Schule war eine Vollversammlung angesetzt. Dann bin ich mit Nicolas aufs Podium gegangen und wir haben geredet. Ein echter Schock, so vor der Masse zu sprechen. Nicolas ist besser als ich. Er war gestern im Fernsehen.“ Hopi hat keine politische Erfahrung. „Ich habe einmal gegen die Apartheid demonstriert. Das war alles.“ Doch Hopi denkt politisch: „Meine Utopie ist eine wirklich soziale Demokratie und eine echt sozialistische Regierung. Der französische Sozialismus war eine schöne Idee. Mehr nicht.“ Und trotzdem, ich staune, prangt ein Mitterrand–Poster über seinem Schreibtisch. Hopi erklärt: „Mitterrand ist immerhin fähig, selbständig ein Buch zu schreiben. Und er hat die Leute in Afrika nicht allzusehr verarscht.“ Das Mitterrand– Poster ist für Hopi Abgrenzung zum Vater. Jean–Jacques Lebel ist Schriftsteller und stand im Mai 68 an der Seite Cohn–Bendits. „Seitdem hat er sich nicht verändert“, meint Hopi, „1981 habe ich ihn überzeugt, Mitterrand zu wählen, weil er nicht wählen wollte. Zwischen den Rechten und Mitterrand gibt es immer noch eine Wahl.“ Für Hopi muß die Bewegung weitergehen. „Bisher wollten es die Leute apolitisch. Das war ok. Man muß sich mit den Leuten bewegen. Aber jetzt ist es die Regierung, die außerhalb des Gesetzes steht. Mit den Ausweisungen der Basken zum Beispiel. Es gibt doch ein Asylrecht in Frankreich.“ Dabei ist Hopi nicht einäugig: „Vertrauen kann man heute in niemanden mehr haben. Links sein ist links sein und hat in Frankreich mit den Parteien nichts mehr zu tun.“ Vertrauen tut Hopi noch nicht mal ins Wetter: Trotz der guten Vorhersagen wagt er nichts und gar nichts für die Zukunft seiner Bewegung zu prognostizieren. Die Hauptsache ist eh schon klar: „Was alle glaubten, ist widerlegt. Unsere Generation läßt sich nicht wie eine dumme Schafsherde treiben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen