Outsourcing im Krankenhaus: „Ich empfinde das als ungerecht“

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat seine Putzkräfte vor zehn Jahren ausgelagert. Eine Mitarbeiterin berichtet über ihre Arbeitsbedingungen.

Kein guter Platz für Reinigungskräfte: das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Bild: dpa

HAMBURG taz | "Ich bin Reinigungskraft bei der Firma KSE im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Wir machen die Stationen sauber, die Betten, OP-Räume und Isolationszimmer. KSE steht für „Klinik Service Eppendorf“, das ist eine Tochterfirma des UKE, das 51 Prozent der Anteile an der Reinigungsfirma hält. Angeblich arbeiten 450 Mitarbeiter für die KSE.

Eine Putzkraft arbeitet sechs oder sieben Stunden am Tag. In dieser Zeit muss sie zwei Stationen reinigen, das sind etwa 40 Zimmer. Früher, vor der Privatisierung, hat eine Putzfrau in sieben Stunden nur eine einzige Station gereinigt.

Was sich mit der Privatisierung verändert hat, zeigt sich auch bei den Isolationszimmern. Früher haben zwei Reinigungskräfte ein solches Zimmer auf Vordermann gebracht, heute ist es nur noch eine einzige Person. Aber es hilft nichts, das Arbeitspensum muss geschafft werden.

Wenn ich Frühschicht habe, mache ich die schmutzigen Betten sauber, ich gehe in die Bettenzentrale, da kommt unsere Ware an. 100 Kissen mache ich eins nach dem anderen fertig. Manchmal muss ich auch noch die Decken machen. Für ein normales Krankenbett auf der Station sind laut Gesetz eigentlich 15 Minuten vorgesehen, tatsächlich reinigen wir sie in zwei bis drei Minuten. Sauber werden sie in der Zeit sicher nicht. Aber wir stehen unter Druck, die Zeiten einzuhalten, haben keinen Kündigungsschutz.

Meine Kollegen und ich wurden nicht für den Umgang mit Bakterien und Keimen ausgebildet. Eine Schulung gab es nicht. Auch dadurch kommt es zu Fehlern: Manche Mitarbeiter lassen Betten aus den Isolationszimmern auf dem Flur der Station stehen. Das ist normalerweise verboten.

Ich verdiene neun Euro die Stunde, vertraglich sind sechs Stunden vereinbart. Tatsächlich arbeite ich sieben, die Stunde mehr bekomme ich immerhin bezahlt. Wir arbeiten im Schichtdienst, zwölf Tage am Stück, dann habe ich zwei Tage frei. Ich verdiene 1.200 bis 1.300 Euro im Monat. Zwei Jahre lang bekommen wir Verträge für sechs Monate, dann haben wir die Chance auf eine Festanstellung. Viele Kollegen haben nebenher weitere Jobs in der Gebäudereinigung. Das ist sehr erschöpfend und hängt natürlich mit der schlechten Bezahlung zusammen. Nur im OP-Bereich verdienen sie etwas mehr.

Zulagen oder Weihnachtsgeld bekommen wir nicht. Kein sogenanntes Blutgeld, wenn wir zum Beispiel blutige Betten reinigen. Auch nicht dafür, dass die Arbeit anstrengend ist und viele Kollegen über körperliche Beschwerden klagen. Bei mir tun vor allem die Finger weh. Meine Gelenke schwellen oft an.

Es gibt aber auch noch andere Abhängigkeiten. Nur zwei oder drei meiner Kollegen sind Deutsche. Die meisten anderen kommen aus der Türkei, aus Osteuropa oder aus Afrika, sie müssen arbeiten, sonst bekommen sie keine Aufenthaltserlaubnis.

Ich frage mich, wem diese vielen Sparmaßnahmen eigentlich dienen. Das fängt schon bei unserem Material an. Eigentlich sollten wir auf den Putzwagen das Material haben, das wir brauchen. Aber oft fehlt etwas. Warum sollte man gerade im Gesundheitssystem unbedingt sparen? Und wie sieht es in anderen Bereichen aus, wenn der Gesundheit schon so wenig Bedeutung beigemessen wird?

Ich habe den Eindruck, die Arbeit für drei oder vier Leute zu machen – und ich empfinde es als ungerecht, für so wenig Geld so viel zu arbeiten. Es ist schlimm, dass am Ende auch noch alle unzufrieden sind mit unserer Leistung. Es gibt oft Beschwerden über die hygienischen Zustände im Krankenhaus. Das ist ja auch für die Patienten schlecht. Die Mitarbeiter nehmen das aber hin. Bis zum Festvertrag wird ihre prekäre Situation ausgenutzt."

Mehr zur Privatisierung bei den Krankenhäusern lesen Sie in der gedruckten taz.am.wochenende oder hier.

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