Ostseepipeline: Genehmigung fehlt noch
Die Anrainerstaaten bemängeln die Analyse der Umweltfolgen. Sie sei zu zu ungenau und nicht objektiv.
STOCKHOLM taz | Moskau wird langsam nervös. Anfang 2010 soll es losgehen. In Mukran auf Rügen und im finnischen Kotka stapeln sich bereits die Rohre. Doch das Genehmigungsverfahren für die Gaspipeline, die auf 1.200 Kilometer Länge durch die Ostsee verlegt werden und den künftigen deutschen Erdgashunger stillen soll, kommt nicht voran. Dabei hatte das Nord-Stream-Konsortium zuletzt eine Umweltfolgenanalyse vorgelegt, die zu dem Schluss kommt, der Bau sei ökologisch vertretbar und werde "keine schwerwiegenden Einwirkungen auf die Umwelt" haben. Das Konsortium wird von der russischen Gazprom geführt, ihm gehören aber auch Eon, BASF und die niederländische Gasunie an.
Ein eher leicht zu lösendes Problem dürfte dabei sein, dass seit kurzem auch die Bundeswehr Einwände hat. Sie fordert eine Verlegung der geplanten Trasse, weil diese durch das Manövergebiet "Artillerieschießgebiet Pommersche Bucht" verlaufen soll. Das ist aber Verhandlungssache. Viel schwerer wiegt der Widerstand aus skandinavischen und baltischen Staaten. Denn sie haben als Ostseeanrainer alle ein Anhörungsrecht. Die Länder, innerhalb deren Wirtschaftszone die Leitung verlaufen soll, können sogar ein Veto einlegen. Das sind Dänemark, Finnland und Schweden.
Stockholm hat schon lange grundsätzliche Bedenken an der von Nord Stream vorgeschlagenen Trassenführung. Die Regierung argumentiert sowohl ökologisch als auch mit der Sicherheit der Schifffahrt. Helsinki hat klargemacht, dass das bislang vorgelegte Material weder ausreichende Informationen über mögliche Einflüsse auf die Fischpopulation noch über Risiken durch im Meer versenkte chemische Waffen enthält.
Russlands Premierminister Wladimir Putin hatte bei seinem jüngsten Finnland-Besuch versucht, persönlich Druck auszuüben. Als Geschenk hatte er sogar einen Verzicht auf seit Jahren strittige russische Exportzölle für Holzrohware im Gepäck. Die Grünen-Abgeordnete Heidi Hautala will nicht gleich von Erpressung reden: Doch viel habe nicht gefehlt, sagt sie.
Die Phalanx der Kritiker steht jedoch. Die baltischen Staaten und Polen teilen die Einwände der Skandinavier. Die litauische Regierung bemängelt die von Nord Stream präsentierte Umweltfolgenanalyse als weder unabhängig noch objektiv. Die polnische Regierung hat vor einer Woche einen Bericht veröffentlicht, in dem vor allem geltend gemacht wird, dass Nord Stream sich nicht adäquat um eine Landalternative bemüht habe. Zudem bleibe unklar, wer zu haften habe, sollte es bei Bau oder Betrieb zu einer ökologischen Katastrophe kommen.
Der Finnland-Repräsentant von Nord Stream, Sebastian Sass, sieht jedoch keine grundsätzliche Gefahr für eine Realisierung der Pläne. "Wir werden die aufgeworfenen Fragen beantworten", sagte er. "Nach wie vor gehen wir davon aus, dass bis Ende 2009 alle erforderlichen Genehmigungen erteilt sein werden."
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