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Ostsee-Querung am FehmarnbeltDie unterirdische Brücke

Die Querung nach Dänemark muss keine Brücke sein: Dänische Planer halten auch einen Tunnel für möglich. Die Zahl der erwarteten Güterzüge sinkt überraschend.

Würden so oder so in schwere See kommen, ob durch eine Brücke oder einen Tunnel: Die Fähren der Vogelfluglinie. Bild: dpa

HAMBURG taz | Aus der Brücke könnte ein Tunnel werden. Beim Bau einer festen Querung des Fehmarnbelts zieht die staatliche dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S eine Untertunnelung der knapp 20 Kilometer breiten Meeresstraße zwischen Dänemark und Deutschland in Betracht. "Was letztendlich die beste Lösung ist, wird jetzt im Detail geprüft", sagt der technische Direktor Peter Lundhus - immerhin solle die Verbindung ja mehr als 100 Jahre bestehen.

Der 2009 zwischen Deutschland und Dänemark geschlossene Staatsvertrag lässt die Art der Verbindung zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland offen (siehe Kasten). Untersucht wurden bislang je zwei Arten von Brücken und Tunneln. Das vorläufige Ergebnis, das Femern A/S jetzt bekannt gab: Ein Tunnel könnte lediglich etwa eine Milliarde Euro teurer werden als eine Brückenverbindung. Die wurde bislang mit Kosten von mindestens 4,5 Milliarden Euro veranschlagt, ein Tunnel nunmehr mit 5,5 Milliarden Euro. Die endgültigen Vorschläge für das Bauvorhaben und die Trassenführung will die Baugesellschaft zum Jahreswechsel vorlegen: "Das wird ein knappes Rennen", sagt Lundhus.

Die feste Querung über die Ostsee soll eine Straßen- und Schienenverbindung nach dem Vorbild der Öresundbrücke zwischen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und dem schwedischen Malmö sein. Geplant sind vier Fahrbahnen für Autos und zwei Bahngleise. Auf einer Brücke würden die Züge auf einer Ebene unter der Straße fahren, bei einem Tunnel ist dies ebenso möglich wie ein Gleiskörper neben der Straße in eigener Röhre.

20 Kilometer Lücke

Der Fehmarnbelt zwischen der deutschen Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland ist fast 20 Kilometer breit. Er ist die südliche Fortsetzung der Hauptschifffahrtsroute Großer Belt zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seeland.

Eine feste Querung des Belts würde die Fahrzeit für den Auto- und Bahnverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen im Vergleich mit der jetzigen Fährverbindung um etwa eine auf gut drei Stunden verkürzen.

Die Kosten der Verbindung - ob Brücke oder Tunnel - muss Dänemark allein tragen und über Mauteinnahmen refinanzieren.

Für die Anbindungen an Land muss jeder Staat selbst aufkommen.

In allen Varianten werde das Projekt "Weltrekorde aufstellen", verkündet Femern A/S stolz. Ein kombinierter Straßen- und Eisenbahntunnel wäre mit gut 19 Kilometern der längste der Welt, eine Schrägseilbrücke wäre länger und höher als jede andere Brücke dieser Art auf dem Globus - und die größte freie Spannweite hätte sie auch.

Die bisherigen Kostenschätzungen waren bereits im vorigen Jahr vom Bundesrechnungshof angezweifelt worden, weil sie auf Preisen aus dem Jahr 2002 basieren. Zudem seien bei Großprojekten Preissteigerungen von 60 bis 100 Prozent nichts Ungewöhnliches. Für die Fehmarnbelt-Brücke würde das eine Kostenspanne von 6,8 bis 8,8 Milliarden Euro bedeuten. Der Ausbau der Zuwege in Schleswig-Holstein würde sich demnach von 1,2 Milliarden Euro auf etwa 1,8 Milliarden Euro verteuern. Zudem, mahnten die Rechnungsprüfer, stehe ein erhoffter Zuschuss der EU "auf der Kippe".

Ein weiteres ungelöstes Problem ist die Fehmarnsund-Brücke: Zur Beseitigung des 46 Jahre alten, unter Denkmalschutz stehenden Nadelöhrs käme ein etwa 1,5 Kilometer langer Tunnel in Betracht - und den enthielt bislang keine Kostenschätzung.

Die Verkehrsprognosen der Bahn wurden derweil bei einer Erörterung der Planungen bei Grömitz deutlich herabgesetzt: Laut einem Gutachten für das Bundesverkehrsministerium ist nicht mehr von 149 Güterzügen am Tag auszugehen, sondern nur noch von 78 - aber auch "von einer höheren Auslastung der Züge", sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium, der niedersächsische CDU-Abgeordnete Enak Ferlemann.

Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass mehr als 40 Prozent der Gütertransporte zwischen Kopenhagen und Hamburg weiterhin auf der "Jütland-Strecke" über Flensburg rollen dürften. Lediglich gut die Hälfte der Züge nähme die kürzere Verbindung über Fehmarn und Lübeck.

In einem Raumordnungsverfahren werden derzeit die möglichen Bahntrassen zwischen Lübeck und Fehmarn diskutiert. Die Deutsche Bahn hat für die Lübecker Bucht drei Varianten vorgelegt. Die Ostseebäder verlangen eine Verlegung ins Hinterland, weil sie den Lärm der Güterzüge fürchten.

Die Naturschutzorganisation Nabu mutmaßte angesichts der Zahlenkorrektur der Bahn, es solle am Lärmschutz gespart und doch nur die bestehende Trasse ausgebaut werden. Sehr verwundert zeigt sich auch der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz. Um die Brücke zu begründen, seien die Prognosen offenbar "nach oben frisiert" worden. Und nun würden die Zahlen "bewusst niedrig angesetzt". Er äußerte den Verdacht, es handele sich um "eine Gefälligkeitsstudie".

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2 Kommentare

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  • D
    Dresdner

    Was kostet ein Richter?

     

    Auch in Dresden gibt es gegen das Planfestellungsverfahren der Waldschlößchenbrücke noch ein Berufungsverfahren und ich hoffe dass die Grüne Liga mit dieser Berufung Erfolg hat. Es wäre ein Meilenstein in der Geschichte der Sächsischen Justiz festzustellen dass das Profitstreben nicht das oberste Primat hat und dass der Markt nicht die oberste Instanz ist der sich alles andere zu beugen hat. Ich wünsche der Grünen Liga unbeugsame Richter die den Mut haben, sich der geballten Lobby entgegenzustellen.

  • F
    Friedrich

    Zur Erinnerung vor einem Jahr verlor Dresden sein Welterbe, verantwortlich dafür unfähigen Sächsischen Politiker. Wie erbittert war dieser Kampf um diese Brücke:

    Brückengegner erhielten am Telefon anonyme Drohungen: "Ihr werdet schon noch sehen, was mit euch passiert.", "Aufhängen müsste man euch", "euch Tunnelratten sollte man vergasen", im Stadtrat war von Vaterlandsverrätern und vaterlandslosen Gesellen die Rede, die Dresdner Brückenbauer konnten nicht genug bekommen: Köln zum Beispiel mit 1,2 Millionen Einwohnern hat fünf Brücken, Dresden hat acht, für 500 000 Einwohner und von allen Großstädten Europas die schnellste Durchfahrtsgeschwindigkeit! Hat sich dieser erbittete Kampf um die Brücke gelohnt: die weltweite Schande, der erbitterte Streit, die ewige Spaltung dieser Stadt? Wo auch immer schwarz-gelb hintritt hinterlassen sie verbrannte Erde. Schlimmer als Borkenkäfer, Heuschrecken, Überschwemmung und Sturm zusammen. Es muss die pure Lust am Zerstören sein, gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch.