Wenn der Mann vom Geheimdienst klingelt: Mein Date mit Frau Baerbock
Ich wurde ausgewählt, die Bundesaußenministerin zu treffen. Weil ich Moslem und trotzdem in der Lage bin, einer Frau die Hand zu geben. Eine Satire.

E minanim, ich hasse diese Politik-Talkshows! Von mir aus können sie die ganzen Wahlsendungen in die Tonne hauen. Und die Parteien gleich dazu. Alles total verlogen“, mache ich meinem Ärger mal so richtig Luft. Gleich darauf klingelt es an der Tür. Endlich eine Ablenkung. Selbst die Zeugen Jehovas wären mir jetzt lieber als Politikergelaber.
„Herr Engin, wir sind vom deutschen Geheimdienst“, sagt der Mann vor der Tür. Bei Allah, darf ich nicht mal zu Hause über die Politiker schimpfen? Oder ist das etwa der neue Trick von Jehovas Zeugen, um reinzukommen? „Herr Engin, Sie sind ein Glückspilz. Sie sind auserwählt worden“, sagt der Kerl weiter.
„Wofür denn?“, stammele ich. „Unsere Außenministerin, die Frau Baerbock, wird Sie küssen.“ „Wie bitte Frau Baerbock wird mich küssen? Aber da könnte jemand eifersüchtig werden“, antworte ich völlig durcheinander. „Keine Sorge. Ihre Frau Eminanim ist damit einverstanden. Sie sagte: Von mir aus, solange ich Osman nicht küssen muss.“
Was sagt denn Herr Habeck dazu?
„Hat Herr Habeck auch nichts dagegen, dass ich mit seiner Baerbock wild rumknutsche?“ „Bilden Sie sich bloß nichts ein. Es wird keine wilde Knutscherei geben. Sie werden sich während einer Wahlveranstaltung bloß gegenseitig auf die Wangen küssen und fertig. Das wird uns etliche Migrantenstimmen bringen.“ „Aber warum gerade ich? Was habe ich, was die anderen nicht haben?“, frage ich stolz.
„Wir haben Informationen, dass Sie, obwohl Sie Moslem sind, in der Lage sind, einer Frau zur Begrüßung die Hand zu geben. Und ihr Meister von Halle 4 hat eidesstattlich bezeugt, dass er Sie in den letzten 30 Jahren noch nie mit Sprengstoff gesehen hat.“
„Der andere Meister, der mich mit Sprengstoff gesehen hat, kann es natürlich nicht mehr bezeugen“, lächele ich. „Wie meinen Sie das?“ „Ach, war ein kleiner Scherz. Aber hatte nicht der Fußballer Mesut Özil mal der Kanzlerin Merkel in der Umkleidekabine spontan die Hand gegeben?“
Spontan ist hier gar nichts
„Spontan? Sie sind vielleicht naiv! Was meinen Sie wohl, warum Mesut Özil in dem Moment nur ein winziges Handtuch um die Hüften trug?“, grinst er bedeutungsvoll. „Muss ich denn dabei etwa auch so ein kleines Handtuch tragen?“, frage ich erschrocken. „Nein, nein. Das würde bei einer Wahlveranstaltung keinen guten Eindruck machen.“
Dann endlich kommt der große Baerbock-Knutsch-Tag. Ich bin total aufgeregt. Ob die Außenministerin wegen unseres Rendezvous auch derart aufgeregt ist? Ich werde am Rande des Marktplatzes platziert und muss stundenlang auf unser Date warten.
Plötzlich tauchen Fernsehkameras auf und eine schwarze Limousine fährt vor. Frau Baerbock springt schnell raus und spurtet direkt auf mich zu. Die Frau muss es aber echt nötig haben.
Dieses Ungeheuer ist nicht die Außenministerin!
Gerade als ich sie abknutschen will, merke ich, dass diese Frau Baerbock nicht die Außenministerin ist. Ich meine, dass diese Baerbock nicht mal Frau Baerbock ist. Ja, dass diese Frau höchstwahrscheinlich nicht mal eine Frau ist! Ich tippe auf einen russischen Gewichtheber.
„Alarm! Alarm! Dieses Ungeheuer ist nicht die Außenministerin! Die Russen haben Frau Baerbock entführt!“, brülle ich panisch.
„Halts Maul! Ich bin Baerbocks Stuntman. Ich drehe für sie die gefährlichen Szenen. Jetzt küss mich doch endlich, du Dummkopf.“
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