Oslo plant unterirdische CO2-Speicherung: Neuer Anlauf in Norwegen
In Europa setzt niemand mehr auf die Speicherung von Kohlendioxid unter der Erde. Ausgerechnet Norwegen hat nun neue Versuche angekündigt.
Doch jetzt hat die konservativ-rechtspopulistische Regierung neue Versuche mit der CCS-Technik angekündigt. Diesmal geht es nicht mehr darum, Fossilkraftwerken über das Versprechen einer angeblich „dauerhaften Unschädlichmachung“ von CO2 einen grünen Anstrich zu verpassen. Stattdessen sollen bei drei bestehenden Industrieanlagen die dort entstehenden und bislang in die Atmosphäre freigesetzten CO2-Emissionen abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden.
Konkret will man die Technik an einer Zementfabrik und einer Anlage zur Produktion von Ammoniak sowie am Kraftwärmewerk der größten norwegischen Müllverbrennungsanlage in Klemserud testen. Hier wird der Restmüll der Region Oslo verbrannt. Das abgeschiedene Kohlendioxid soll dann per Schiff zu einer Nordseelagerstätte etwa 50 Kilometer von der Westküste entfernt transportiert werden.
Eine solche Anlage soll bis 2020, spätestens 2022, entstehen. Für Machbarkeitsstudien hat Oslo umgerechnet 40 Millionen Euro an staatlichen Geldern reserviert. Vor allem soll damit die kosteneffektivste technische Lösung gefunden werden. Für eine einzelne Anlage kalkuliert man die Baukosten auf zwischen 1 und 1,4 Milliarden Euro. Würden alle drei Projekte verwirklicht, könnten jährlich bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO2 eingelagert werden.
Die rot-rot-grüne Osloer Stadtregierung begrüßt das Projekt. Die Hauptstadt will bis 2030 „klimaneutral“ sein. Auch die Umweltschutzorganisation „Bellona“, Befürworterin der CCS-Technologie, unterstützt den neuen Anlauf Oslos als „historischen Meilenstein“. Jonas Helseth, Direktor des „Bellona“-Büros in Brüssel, hofft, „dass damit der Teufelskreis, der Fortschritte bei der Kommerzialisierung der CCS-Technologie in der EU bisher verhindert hat, durchbrochen werden kann“.
Truls Gulowsen, Greenpeace
Diese Einschätzung teilt Filip Johnsson, Professor für Energiesysteme an der schwedischen Chalmers-TU Göteborg: „Wird hier demonstriert, dass die Technik in der industriellen Praxis funktioniert, könnte das ein Vorbild für weitere Anwendungsbereiche werden.“
Greenpeace Norwegen hatte CCS bislang abgelehnt. Die Anwendung bei der Zementherstellung scheint jedoch diskutabel. „Für ein Land, das die CCS-Technik entwickeln will, könnte dieses Konzept jedenfalls vielversprechender sein als die bisherigen Ansätze mit ihrem Ausgangspunkt auf fossiler Energieproduktion“, sagt Greenpeace-Chef Truls Gulowsen. Er betont aber auch: „Das ändert nichts an den großen Bedenken, die wir bezüglich CO2-Transport und langfristiger -Lagerung haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär