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Ortstermin bei Ergo-VersicherungZweiklassenvögeln war wohl nicht

Die Ergo-Versicherung versucht ihr durch eine Sex-Party ramponiertes Image aufzubessern. Dabei deutet sich der nächste Skandal bereits an.

Hoffentlich gut versichert: Spaßaktion in Düsseldorf. Bild: dpa

DÜSSELDORF taz | Die Ergo zeigte sich bestens vorbereitet. Auf dem Vorplatz seiner Düsseldorfer Zentrale hatte der Versicherungskonzern einen Stand mit Getränken aufgebaut. Erwartungsfroh standen freundliche junge Bedienstete beiderlei Geschlechts am Mittwochmorgen bereit, um sich um das Wohl der angekündigten mehreren hundert leichtbekleideten Partygäste zu kümmern. Leider vergeblich.

Zu der "Incentive-Party", zu der die Spaßpartei "Die Partei" aufgerufen hatte, kam nur ein kleines Häuflein. Und das hatte auch noch seinen eigenen Sekt dabei. "Wir hatten uns auf mehr eingestellt", sagte Ergo-Unternehmenssprecher Alexander Becker. Es klang fast so, als wäre er ein bisschen enttäuscht.

Dafür war im Glasturm der Ergo am Victoriaplatz erheblich mehr los. Einen solchen Andrang von Journalisten habe er während seiner Amtszeit noch nicht erlebt, sagte der Vorstandsvorsitzende Torsten Oletzky. Das große Medieninteresse dürfte ihn allerdings nicht verwundern: Seit Monaten sorgt das Treiben bei Ergo für Schlagzeilen.

Von Sexpartys in Budapest über falsch ausgewiesene Kosten in Riester-Vorsorge-Verträgen bis hin zu Ungereimtheiten bei Betriebsrenten-Policen - der Imageschaden ist groß. Deshalb hatte der skandalgeschüttelte Konzern eingeladen, um seinen Aufklärungwillen zu demonstrieren.

Wesentliche Vorwürfe seien "im Kern berechtigt", räumte Oletzky ein. Wenn auch nicht jedes in die Öffentlichkeit gelangte Detail stimmen würde. Beispiel Budapest: An der fidelen Reise zur Mitarbeitermotivierung 2007 hätten nicht 100, sondern nur 64 selbstständige Vertriebsmitarbeiter und zwei Leitende Angestellte teilgenommen. Bei der Sause, für die die inzwischen im Ergo-Konzern aufgegangene Hamburg Mannheimer Versicherung 83.000 Euro spendiert hatte, sei es zwar "offensichtlich zu sexuellen Handlungen gekommen".

Es würde auch stimmen, dass die Prostituierten mit Bändchen gekennzeichnet gewesen wären. Aber es hat in der traditionsreichen Gellert-Therme wohl kein Zweiklassenvögeln gegeben: Die Teilnehmer bestritten, dass es zwei verschiedenfarbige Bändchen gegeben habe. Ebenso wenig habe es Liveacts auf der Bühne gegeben.

Organisatoren der Reise "nicht mehr im Haus"

Berichte, nach denen die etwa 20 Prostutuierten pro Verkehr abgestempelt worden seien, hätten sich jedoch nicht verifiziert lassen. Einige Teilnehmer wollten das zwar nicht ausschließen. Aber die Mehrheit habe ausgesagt, dem sei nicht so gewesen. Es sei wohl eine Strichliste geführt worden, berichteten andere. Wie auch immer: Bei dem Trip in die ungarische Hauptstadt sei "irgendwas komplett schiefgegangen", sagte Oletzky.

Budapest sei ein "Einzelfall" gewesen, beteuerte Oletzky. Die Organisatoren der Reise "nicht mehr im Haus". Gegen zwei Ex-Mitarbeiter hat die Ergo inzwischen Anzeige wegen Untreue erstattet. Außerdem hat sie eine Art Ablassspende in Höhe von 83.000 Euro an ein Frauenhaus überwiesen. "Die Marke hat gelitten", sagte Finanzvorstand Christoph Jurecka. Rund 500 Kunden hätten ihre Verträge storniert. "Bei 20 Millionen Kunden ist das eine überschaubare Zahl", fand Jurecka.

Der Versicherer war auch mit fragwürdigen Beratungspraktiken bei Unfallversicherungen und falsch ausgewiesenen Kosten bei Riester-Policen in die Kritik geraten. Ergo habe die einzelnen Vorwürfe aufgearbeitet und die "Fehler und Schwachstellen" erkannt, beteuerte Oletzky. So würden künftig die "Qualität der Beratungsdokumentation" regelmäßig geprüft, ausdrücklich die Nachteile eines Produktes in Informationsfaltblätter aufgenommen und das Rücktrittsrecht für Kunden sei von zwei auf vier Wochen verdoppelt worden. Außerdem gebe es nun eine Whistle-Blowing-Hotline für interne wie externe Mitarbeiter.

Ist jetzt alles wieder gut? Das ist unwahrscheinlich. Denn der nächste Skandal könnte vor der Tür stehen. Es geht um Vorwürfe, der Konzern könne eine umfangreiche "Landschaftspflege" betrieben haben, um an Aufträge für die betriebliche Altersvorsorge zu kommen Die Rede ist von etwa 30 Unternehmen, in denen möglicherweise Personalleiter oder Betriebsräte "Provisionszahlungen" erhalten haben könnten. "Ich habe diese Gerüchte auch gehört", sagte Oletzky. Aber hierbei handele es sich um "Vorwürfe, die unheimlich schwer zu fassen sind". Die bisherigen Hinweise seien zu unkonkret. Es bleibt also spannend.

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19 Kommentare

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  • J
    Jörn

    Ich kann mir auch als Mann etwas schöneres vorstellen als zusammen mit meinen Chefs sexuell erregt zu werden - wenn mich das Ganze nicht sowieso abtörnen würde.

    Ansonsten war dies wohl eines der aussterbenden Events des Männernteworkings. Zu Recht gebrandmarkt, da es Frauen ausschliesst gibt es inzwischen nur noch öffentlich gefördertes Frauennetworking. Die haben es nicht einmal nötig Callboys einzuladen, um die Männer auszuschliessen.

     

    Wie die Versicherung mit ihren MitarbeiterInnen umgeht wäre mir als Kunde weniger wichtig. Kritischer sehe ich die Geschäftspraktiken der Versicherung - Kunden haben da nichts zu lachen.

  • P
    Paranoia

    Ich kann mir bei Gott schöneres vorstellen, als mit meinen Arbeitskollegen zusammen - in einem Raum - mit Frauen zu schlafen. Das deutet auf eine sehr sehr einfache Strukturierung der Teilnehmer hin.

     

    Mich würde das anekeln.

     

    Und natürlich fragt man sich, was ist mit den Frauen bei dieser Versicherung? Sind die gar nicht in diesen Positionen vertreten? Oder gibt es für sie eine CallBoyParty mit höherem Niveau und Einzelzimmern?

     

    Ein wenig Sarkasmus weil ich weg muss.

  • FK
    Faber Krönung

    Wie ich auf den TV - Aufnahmen der "Demonstration" der "Partei - Mitglieder(innen)" erkennen kann brachten diese auch noch Sekt der Marke "Faber" mit. PFUI !!! Den gab's in in Budapest sicher nicht.

  • M
    Martin

    Für mich ist es auch ein völliges Rätsel, wie man sich angesichts der Billionen-Verschwendung in Bund und Ländern (wohlgemerkt: hier werden Zwangssteuern verschwendet, keine Beiträge zu einer freiwilligen Versicherung, aus der man jederzeit aussteigen kann) über TEUR 83 aufregen kann. Ich empfehle das schöne Buch "Die Angst der Woche", sehr lesenswert auch zu diesem Thema.

  • K
    KarlderBetrogene

    Namen sind Schall und Rauch. Was früher die Hamburg-Mannheimer mit entsprechenden Gliederungen war, ist für mich heute Ergo.

    Entscheidend sind die Führungskräfte und der Geist, der in einem Unternehmen herrscht.

    Ich „durfte“ als Mitarbeiter einer dieser Untergliederungen das Geschäftsgebaren von Innen und Außen genießen denke, daß sich an diesem „Geschäftsmodell“ kaum etwas geändert haben dürfte.

    Angesichts der Erfahrungen könnte man auf die Idee kommen, daß monatliche Bordellbesuche aller „Vertreter“ noch das geringere Übel sein könnte…

  • S
    Siegfried

    @Franz Beer

    Dann kann ich ja nur hoffen, dass auch noch andere auffliegen und der Verbraucher sich abwendet. Es scheint kein Einzelfall zu sein. Gewiss nicht!! In manchen 5-Sterne-Hotels an den großen Flughäfen Europas gehen Prostituierte ein und aus. Geschäftsleute müssen wohl sehr einsam sein.

  • V
    vic

    Es sei sei "irgendwas komplett schiefgegangen", sagte Oletzky.

    Klar, und ich weiß auch was:

    Dass es rausgekommen ist.

  • GF
    Geh Frustet

    Rund 500 Kunden hätten ihre Verträge storniert. "Bei 20 Millionen Kunden ist das eine überschaubare Zahl", fand Jurecka.

     

    Wir sind so übersättigt an Skandalen, die -wie mein Vorredner bereits bemerkt hat- kaum mehr Skandale sind, dass wir schon zu faul sind, ein solches Benehmen abzustrafen.

    Aber klar, die andern sind ja auch nicht besser! Warum dann die Mühe machen?

  • EB
    Ein Besorgter

    Hoffentlich sind die Damen des Hauses jetzt nicht alle überversichert!

  • F
    Festkomitee

    Versicherungsgesellschaften wurden vom kritischen Verbraucher seit je jer eher als "kriminelle Vereinigung" denn als Sozialverein betrachtet.

  • M
    Markus

    Ich sehe da überhaupt kein Problem mit. Ich hab gedacht das sowas nur in den prüden USA ein Problem wäre, aber anscheinend ist Deutschland auch prüde geworden...

  • A
    Anita

    Was daran ist?

    Und was ist mit den Frauen?

    Wenn ich als Kerl bei solchen Parties mitmachen duerfte, wuerd ich ganz bestimmt dafuer sorgen, dass keine Frau so weit aufsteigt, dass sie mitmachen darf. Auf solchen Parties werden Karrieren gebaut und Frauen sind auszen vor. Das ist der Grund, warum solche Parties scheisse sind.

  • H
    Horsti

    Ganz abgesehn davon wie armselig so eine Triebabfuhr auf Spesen ist, noch knapp über Cybersex mit Telefonhotline. 5 Euro ins Mitleidsschweinderl...

  • J
    Jacob

    Ortstermin beim Duden:

     

    "Berichte, nach denen die etwa 20 Prostutuierten pro Verkehr abgestempelt worden seien, hätten sich jedoch nicht verifiziert lassen."

  • PM
    Prinzessin Manfred

    "Mal ganz Ehrlich.Was ist denn schon daran" ... sprach der Franz. Naja, kannst Dir ja mal überlegen, wie Du Dich als Franziska fühlen würdest, wenn Du in diesem Unternehmen arbeiten würdest. Und ob Dich solche Belohnungen auch motivieren würden. Und ob Du lieber mit diesen Alten Herren mitfeiern und ihnen zugucken möchtest, wie sie den Sexarbeiterinnen hinterhergeiern, oder ob Du dem lieber fernbleibst, und dadurch noch weniger zum Inner Circle dazugehörst.

     

    Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

  • JP
    Jonas P.

    Und? Was ist dabei? Sex ist normal. So'n langweiliger Versicherungsvertreter bezahlt dafür. Und das eben in Osteuropa, statt in Deutschland. Meine Güte.

  • I
    Insider

    Das hier ist nur die Spitze des Eisbergs. Da werden noch ganz andere Dinge an die Öffentlichkeit kommen.

  • ZK
    Zhuk -Der Klaus-

    Hört sich spannend an. Ja, diese etwas angestaubte Nachricht und ein paar aus der Luft gegriffene Vermutungen sind gut für viele Sommerlochmeldungen. Da kann man auf jemandem rumhacken, für den (hoffentlich) kein Leser Sympathie übrig hat. Mühelos und schnell geschrieben - daher für diesen Artikel weder Geld noch Dank!

  • FB
    Franz Beer

    Mal ganz Ehrlich.Was ist denn schon daran .Da fahren ein paar Ergraute Sehr gut verdienende Alte Herren ins Ausland,Holen sich eine Weiße Nase,Rauchen ABER inhalieren nicht , und lassen die Puppen tanzen.Das dies nun Publik geworden ist,Pech.Andere Versicherungen und Vorstände großer Firmen werden es Ihnen wohl gleichtun.Pssst nicht weitersagen.