: Ortega will noch mal
■ Nicaraguas Sandinisten bestimmen Unternehmervertreter als Vize
Managua (taz) – Daniel Ortega, der Vorsitzende der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN), wird sich am 20. Oktober zum dritten Mal um die Präsidentschaft Nicaraguas bewerben. Das beschloß mit 87 Prozent der Stimmen der zweite ordentliche Parteitag der FSLN, der am Sonntag in Managua zu Ende ging. Nur der ehemalige Revolutionskommandant sei imstande, die vor sechs Jahren an den Urnen verlorene Macht zurückzuerobern, argumentierten die meisten der 546 Delegierten. Auch die anderen sicheren Plätze auf den Listen für die Nationalversammlung und das Zentralamerikanische Parlament blieben von der alten Garde besetzt, die im Juli 1979 durch einen Volksaufstand gegen den Diktator Anastasio Somoza an die Macht gespült wurde.
Die Schlacht um die Präsidentschaftskandidatur, bei der der 50jährige Ortega erstmals Gegenkandidaten dulden mußte, war längst geschlagen. Schon Mitte Februar bei einer Befragung der Basis, die im Rahmen der parteiinternen Demokratisierung erstmals veranstaltet wurde, bekamen die Parteimitglieder klare Orientierungen, wie abzustimmen sei. Das Ergebnis vom Sonntag unterscheidet sich von diesen „Empfehlungen“ nur deswegen, weil eine 50prozentige Frauenquote und zwei feste Plätze für die Jugend festgelegt wurden. Ortegas Gegenkandidaten, die Menschenrechtsanwältin Vilma Núñez und der Jurist und einstige Armeeoberst Alvaro Ramirez, hatten in den sandinistischen Medien kaum Gelegenheit zur Selbstdarstellung.
„Für eine Regierung der nationalen Einheit“ hieß das Motto des Kongresses. Die Sandinisten, die nach der Abspaltung eines reformistischen Flügels vor zwei Jahren in den Meinungsumfragen zwischen 15 und 25 Prozent pendeln, machen sich keine Hoffnungen, aus eigener Kraft an die Regierung zu kommen. Deswegen suchen sie vor der entscheidenden Stichwahl bereits möglichst breite Allianzen zu schmieden – und verzichteten darauf, aus den eigenen Reihen einen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft zu nominieren. Der Auserwählte, dessen Namen die meisten Kongreßdelegierten zum ersten Mal in ihrem Leben hörten, kommt aus dem Lager des ehemaligen Erzfeindes, nämlich aus dem Unternehmerverband COSEP. Es handelt sich um den 68jährigen Viehzüchter Juan Manuel Caldera, der 1984 Opfer der sandinistischen Enteignungspolitik war, seine Rinderfarm aber schon ein Jahr später zurückerstattet bekam – allerdings ohne Rinder. Bei den traditionell unternehmerfreundlicheren Parteien blitzte er mit seinen politischen Ambitionen ab. Die Sandinisten, so meint er jetzt, böten am ehesten Garantien für die Agrarproduzenten. Ralf Leonhard
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