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KommentarOrdentlich gegeigt

■ Warum Hamburgs SPD zwar einen Parteichef, aber kein Führungsproblem hat

Alle Achtung. In beeindru-ckender Weise hat es Hamburgs SPD-Parteichef Jörg Kuhbier verstanden, das traditionelle spezialdemokratische Credo eines entschiedenen Sowohl-als-Auch positiv zu deklinieren. Und alle haben es ihm gedankt.

Mit seiner leidenschaftlichen, passagenweise gar fulminanten Parteitagsrede hat der Mann fürs linke Genossengemüt einen polittaktischen Balanceakt gemeistert. Dem Kanzler und Bundesparteichef hat er ordentlich die Meinung gegeigt. Und zugleich hat er ein schlagzeilenträchtiges Scherbengericht verhindert.

Die Delegierten waren zufrieden, weil endlich mal einer dem Genossen Gerd ins Gesicht sagte, was schon lange hätte gesagt werden müssen. Und konnten danach Kuhbiers gleichzeitiger Mahnung zur Geschlossenheit folgen. Denn an einer Beschädigung des Mannes von der Leine, der vor einem Jahr noch als Hoffnungsträger galt, hat auch an der Elbe niemand Interesse. Nicht zuletzt mangels Alternative.

Kuhbier hat seine Aufgabe bravourös gelöst. Er hat Klartext geredet und Integrationsvermögen unter Beweis gestellt, er hat der Basis aus der Seele gesprochen und dem Boß in Berlin klargemacht, dass alle wieder hinter ihm stehen würden, wenn denn die Richtung stimme.

Damit hat Kuhbier zugleich bewiesen, dass es auch zu ihm keine Alternative gibt. Ob er im April zum dritten Mal für den Posten des Parteichefs kandidieren wird, hat er noch nicht entschieden. Seit seinem Auftritt am Samstag ist klar: Sollte Kuhbier es nicht tun, hat die SPD auch in Hamburg ein Führungsproblem. Sven-Michael Veit

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