Oppositionsdemos in Thailand: Ein Toter in Bangkok
Die Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und -anhängern in Thailand werden heftiger. Für Sonntag hat die Opposition den „Tag des Sieges“ angekündigt.
BANGKOK afp | In Thailand sind die Proteste gegen die Regierung eskaliert. Am Samstag wurde in der Hauptstadt Bangkok ein Demonstrant erschossen, wie die Polizei mitteilte. Mehrere Menschen seien bei Schüssen in der Nähe eines Stadions verletzt worden. Zuvor hatten Oppositionelle versucht, den Regierungssitz zu stürmen. Die Regierung mobilisierte die Armee, um die Lage unter Kontrolle zu bringen.
Ein 21-Jähriger wurde am Samstagabend in Bangkok von zwei Kugeln tödlich getroffen, wie die Polizei mitteilte. Die genauen Umstände des tödlichen Angriff blieben zunächst unklar. Die Tat ereignete sich in der Nähe eines Stadions, in dem sich etwa 70.000 Anhänger der Regierung versammelt haben. Auf dem Weg dorthin hatten Regierungsgegner zuvor einen Bus der sogenannten Rothemden mit Steinen attackiert.
Hunderte Oppositionelle versuchten am Samstag außerdem, den schwer bewachten Regierungssitz in der Hauptstadt zu stürmen. Sie wurden von der Polizei zurückgedrängt. Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra soll sich zu dieser Zeit nicht in ihrem Büro aufgehalten haben. Sie hatte zuvor vor einer Eskalation der Lage gewarnt: „Ich rufe die Demonstranten auf, es nicht zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung kommen zu lassen.“
Für Sonntag kündigte die Opposition die Besetzung mehrerer Ministerien sowie des Büros der Ministerpräsidentin an. Die Protestierenden würden erneut versuchen, die Büros der Regierung zu stürmen, kündigte er an. „Morgen wird der Tag sein, an dem wir den Sieg erklären“, sagte der Sprecher der Demonstranten, Akanat Promphan. „Vielleicht müssen wir gegen das Gesetz verstoßen, aber wir werden die Konsequenzen und Strafen akzeptieren. Wir werden nicht davonlaufen.“
Die Regierung verstärkte unterdessen die Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt. Mehr als 2.700 Soldaten seien entsandt worden, um an gemeinsamen Patrouillen mit der Polizei teilzunehmen, wie der Sprecher der Nationalen Polizei, Piya Utayo, erklärte.
Die von zehntausenden Demonstranten getragenen Proteste hatten sich in den vergangenen Tagen ausgeweitet. Die Opposition besetzte mehrere Regierungsgebäude und belagerte das Hauptquartier der Armee, um das Militär zur Parteinahme zu ihren Gunsten zu bewegen. Die Armee spielte in Thailands wechselvoller Geschichte schon oft eine Schlüsselrolle. Ihre Generäle gelten als entschiedene Verteidiger der Monarchie. 2006 stürzte das Militär den damaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra.
Yingluck wurde vor zweieinhalb Jahren demokratisch gewählt. Ihre Gegner halten sie aber für eine Marionette ihres Bruders Thaksin. Dieser lebt in Dubai im Exil, um eine Haftstrafe wegen Korruption zu umgehen, die er selbst als politisch motiviert bezeichnet. Die Regierung seiner Schwester war zuletzt mit dem Plan eines Amnestiegesetzes gescheitert, von dem womöglich auch Thaksin profitiert hätte. Den Demonstranten geht es auch darum, das Land von Thaksins Einfluss zu befreien.
Thailand wird seit Ende Oktober von der heftigsten Protestwelle seit dem Frühjahr 2010 erschüttert, als bei der Niederschlagung wochenlanger Demonstrationen von Thaksin-Anhängern gegen die damalige Regierung mehr als 90 Menschen getötet wurden. Die Proteste entzündeten sich an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz, das Thaksin womöglich eine Rückkehr erlaubt hätte. In dem Konflikt steht die thailändische Ober- und Mittelschicht der Landbevölkerung gegenüber. Diese stellt die Machtbasis Yinglucks und ihres Bruders Thaksin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker