Oppositionsbündnis in Syrien: Der Nationalrat schert aus
Syriens größte Oppositionfraktion stellt Bedingungen für die geplanten Friedensverhandlungen in Genf: Die Belagerung Kusairs muss beendet werden.
ISTANBUL/BEIRUT taz/ap | Die größte Fraktion innerhalb der syrischen Opposition hat am Donnerstag die Messlatte für die geplante internationale Konferenz erhöht. Die Opposition werde nicht an der Konferenz teilnehmen, so lange die Belagerung der Stadt Kusair nicht beendet werde, sagte George Sabra vom Syrischen Nationalrat. Zudem forderte er den Abzug der vom Iran unterstützten libanesischen Hisbollah-Kämpfer.
Seit mehr als einer Woche kämpfen Rebellen in der Stadt an der syrisch-libanesischen Grenze gegen eine Übermacht der syrischen Regimetruppen und der Hisbollah. Nach Angaben der Oppositionellen sind in Kusair bis zu tausend Verletzte eingeschlossen, die nicht evakuiert werden können. „Wir erinnern das Volk und die Regierung des Libanon daran, dass sich eine Partei an abscheulichen Verbrechen beteiligt“, sagte Sabra auf der Konferenz der Nationalen Koalition (NK) in Istanbul.
Damit ist ein Kompromiss gescheitert, den die NK erst am späten Mittwochabend erzielt hatte. In einer gemeinsamen Erklärung begrüßten die Oppositionellen die internationalen Bemühungen um eine politische Lösung des Konflikts. Gleichzeitig stellten sie aber klar, dass es für Baschar al-Assad keinen Platz geben kann. Die politische und militärische Führung müsse vom politischen Prozess ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus fordert die NK einen Waffenstillstand, Unterstützung für die Rebellen, den Abzug der Hisbollah und einen klaren Zeitplan. Laut NK-Sprecher Khaled Saleh stellt sie jedoch keine Bedingungen, vielmehr gehe es ihr um Gesten des guten Willens.
Einfluss der Muslimbrüder
Eine Woche lang hatte die NK um diesen Kompromiss gerungen. Zustande kam er erst, nachdem sich die arabischen, türkischen und westlichen Unterstützer scheinbar auf eine gemeinsame Linie geeinigt hatten. In einem Appell habe der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu die Oppositionellen gedrängt, ihre Reihen zu schließen, berichten Gesprächsteilnehmer.
Anschließend schien es, als wäre auch der Streit über die Erweiterung der NK beigelegt. Dies fordert nicht nur der Westen, sondern auch Saudi-Arabien, dem der Einfluss der Muslimbrüder ein Dorn im Auge ist. Dagegen wehrt sich die von Katar unterstützte Fraktion des Syrischen Nationalrats um Sabra, in der die Muslimbrüder den Ton angeben. Am Donnerstag zerbrach auch dieser Kompromiss.
Unterdessen gab Assad in einem Interview bekannt, Syrien habe die umstrittene Lieferung russischer Abwehrraketen bereits zum Teil erhalten. Der israelische Generalstabschef Mosche Jaalon hatte zuvor gesagt, Israel erwäge, die Lieferung mit Gewalt zu stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften