piwik no script img

Opposition sieht Emir-Besuch kritischMerkel soll IS thematisieren

Der Emir von Katar besucht Deutschland. Die Opposition fordert von der Kanzlerin, während des Treffens auch mögliche Beziehungen zum IS anzusprechen.

Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen nannte es „unerträglich, dass Berlin dem blutigen Diktator Katars (...) den roten Teppich ausrollt“. Bild: dpa

BERLIN dpa | Politiker von SPD, Linken und Grünen verlangen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), das Verhältnis des Golfstaats Katar zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu klären. Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck müssten das in ihren Gesprächen mit dem Emir von Katar, Scheich Tamim Bin Hamad al-Thani, am Mittwoch in Berlin thematisieren. Katar hat den Vorwurf, die IS-Terroristen finanziell zu unterstützen, stets zurückgewiesen. Der Emir ist für zwei Tage in Deutschland. Der Westen versucht, einflussreiche Golfstaaten wie Saudi-Arabien und Katar für den Kampf gegen den IS zu gewinnen.

Die sunnitischen Extremisten, deren Streitmacht nach Schätzungen mehrere Zehntausend Kämpfer angehören, beherrschen weite Landstriche in Syrien und im Irak. Für ihr „Kalifat“ kämpfen auch Hunderte Konvertiten aus Europa und den USA. Deutschland gehört zu einer internationalen Zehn-Länder-Koalition, die unter Führung der USA die Islamisten, die Andersgläubige und Minderheiten ermorden, zurückdrängen will.

Katar hat vergangene Woche zusammen mit neun anderen arabischen Staaten zugesagt, die Finanzströme der Extremisten und den Zulauf von ausländischen Kämpfern zu stoppen. Deutschland bewaffnet kurdische Kämpfer im Nordirak, die gegen den IS kämpfen. Katar selbst kauft in Deutschland seit längerem Rüstungsgüter, darunter den Kampfpanzer Leopard 2. Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner sagte dazu dem Handelsblatt: „Länder, die finanziell oder politisch den Terrorismus des IS unterstützen, dürfen weder deutsche Waffenlieferungen bekommen, noch sollte es mit solchen Staaten privilegierte Wirtschaftsbeziehungen geben.“

Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen nannte es „unerträglich, dass Berlin dem blutigen Diktator Katars (...) den roten Teppich ausrollt“. Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae forderte die Regierung auf, dass sie auch mögliche Menschenrechtsverletzungen von ausländischen Arbeitern auf den WM-Baustellen in Katar anspricht. Dort findet 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft statt. Katar zählt in Deutschland zu den größten ausländischen Investoren. Es ist nach eigenen Angaben mit 18 Milliarden US-Dollar (13,9 Mrd. Euro) der größte arabische Investor in Deutschland.

Investoren aus dem Golfstaat sind unter anderem an Volkswagen, Deutsche Bank, Siemens und Hochtief beteiligt. Nun hat der Golfstaat, der hohe Einnahmen aus dem Gasverkauf erzielt, weitere Unternehmensbeteiligungen im Blick. Wirtschafts- und Handelsminister Scheich Ahmed bin Jassim bin Mohamed Al Thani sagte bei einem Wirtschaftsforum in Berlin: „Wir erwarten in der nächsten Zukunft, dass die Investitionssumme Katars in der deutschen Wirtschaft weiter wachsen wird.“ Umgekehrt gebe es auch für deutsche Firmen in Katar große Investitionschancen.

Bis zur Fußball-WM sind dort gewaltige Infrastrukturprojekte geplant. Der katarische Wirtschaftsminister sprach von einer „guten, starken Freundschaft“ mit Deutschland. Der Handel zwischen beiden Ländern habe 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 12,5 Prozent auf rund zwei Milliarden Euro zugelegt. Die deutschen Exporte nach Katar betrugen rund 1,3 Milliarden Euro. Interessante Märkte in Katar seien Eisenbahn, Bau, Kommunikation, Medizintechnik, Energie oder Gesundheitstechnologie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Katar für den Kampf gegen IS zu gewinnen ist wohl ein Treppenwitz derGeschite! Genauso hätte man Franco für den Kampf gegen Faschismus gewinnen können.

    Katar ist selbst ein islamistischer Staat, in dem die Scharia herrscht. Hier wird (im Unterschied zu Russland) lauf Scharia Homosexualität wirklich bestraft.

    Katar hat die Muslimbrüder und sunnitische Fundamentilisten weltweit unterstützt. Nicht umsonst haben die Taliban in Katar ein diplomatische Vertretung.

    Ein solchen Feudalzwerg zu hofieren ist eine Schande.

  • Katar betreibt Politik der riskanten Art. Dazu gehörte auch die Unterstützung islamistischer Gruppen in Syrien, offenkundig ISIS. Das kleine Land mag im Öl und Geld schwimmen, mit seiner Außenpolitik fördert es den intoleranten, starren, radikalen Islam der arabischen Halbinsel.

    Diese Leute teilen mit uns Null Werte, lehnen eigentlich alles ab, wofür unser Grundgesetz steht.

     

    Aber?

    Es geht nur ums Geschäft und davon haben sie viel, das können sie hier gut investieren.

     

    Derweil schießen sie auf Jeziden und Kurden mit Waffen, die teilweise aus Katar finanziert wurden. Ich finde, dass Deutschland seine Beziehungen mit Katar sehr stark abschwächen sollte.

     

    Und jetzt versprechen Sie uns, dass sie damit aufhören? Warum machen sie es dann jahrelang?

  • Quatar - absolute Monarchie, geprägt vom orthodox-wahhabitischen Islam mit der Schariá als Hauptquelle der Gesetzgebung. Insbesondere aufgrund seiner enormen Erdgas- und Erdölvorkommen ist das geographisch kleine Quatar eines der reichsten Länder dieses Planeten.

     

    Quatar finanziert die afghanischen Taliban und die ägyptische Muslimbruderschaft ebenso wie die palästinensische Hamas. Quatar steht auch im Verdacht, die nigerianische Boko Haram, die somalischen Al-Shabaab-Milizen, salafistisch-militante Gruppierungen in Tunesien usw. usf. zu finanzieren ...

     

    Was sagt der Emir von Quatar dazu?

     

    "Katar hat nie und wird niemals terroristische Organisationen unterstützten"

     

    Ja wenn der das sagt ... dann glaubt Frau Merkel, dann glaubt Herr Gauck das natürlich, ist doch klar!! Schön, dass man mal so supidupi drüber "mahnend" gesprochen hat ... zack: Roter Teppich, Geschäftchen hier, Geschäftchen da ...

     

    Da frage ich mich und da würde ich gerne auch Frau Merkel und Herrn Gauck fragen: Wäre der "IS" mit seinen Mordvideos nicht gar so freizügig bei der Sache und hätte er Zugriff auf ein ähnlich großes Ressourcenvorkommen wie Quatar ...

     

    Ich fand´s lesenswert:

     

    http://www.deutschlandfunk.de/zwielichtige-regionalmacht-am-golf.724.de.html?dram:article_id=263702

  • die Kreis- und Ortsverbände der Linkspartei meinte ich, die in den letzten Wochen Erklärungen veröffentlichten gegen Waffenlieferungen an Kurden. Sonst immer "Freiheit für Kurdistan".

  • Und die Kreis- und Ortsverbände verhalten sich unerträglich mit ihrem Druck auf die MdBs gegen Waffenlieferungen an KurdInnen zu stimmen.

    Was wohl die kurdischen Vereine zu S. Dagdelen gemailt haben?

     

    Ja, natürlich gegen Bahreins-Formel1-Schweinerei und die zynischen Scheichs!