piwik no script img

Opposition in VenezuelaGeehrt und ermutigt

Das Europaparlament vergibt den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit an jene, die für „das Überleben in einem autoritären Regime kämpfen“.

Augen zu und durch? Von wegen – auch dieser Demonstrant erhält symbolisch den Sacharow-Preis Foto: dpa

Das Neue

Das Europaparlament in Straßburg vergibt den diesjährigen Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit an die Opposition in Venezuela. „Wir zeichnen damit nicht nur die demokratische Opposition aus, sondern ehren das ganze venezolanische Volk. Auch die unrechtmäßig Inhaftierten, nur weil sie ihre Meinung ausgedrückt haben, und jene, die für das Überleben in einem autoritären Regime kämpfen“, sagte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani am Donnerstag.

Stellvertretend für die Opposition sollen Parlamentspräsident Julio Borges sowie mehrere andere Oppositionsführer und politische Gefangene die Auszeichnung erhalten. Die Preisverleihung ist für den 13. Dezember in Straßburg vorgesehen.

Der Kontext

Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannte und mit 50.000 Euro dotierte Preis wird vom Europaparlament seit 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Der Vorschlag für die venezolanische Opposition kam von den Fraktionen der Konservativen und der Liberalen. Die Sozialdemokraten hatten den seit 2001 in Eritrea inhaftierten schwedisch-eritreischen Journalisten Dawit Isaak nominiert, die Grünen die Menschenrechtsaktivistin Aura Lolita Chavez Ixcaquic aus Guatemala.

Die Auszeichnung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Opposition in Venezuela heftig zerstritten ist. Mit Henrique Capriles hat gerade einer ihrer führenden Köpfe seinen Austritt aus dem seit 2008 bestehenden Parteienbündnis MUD erklärt. Die internen Konflikte haben sich durch das Debakel bei den jüngsten Gouverneurswahlen verschärft: ­Dabei erhielt die Opposition rund zwei Millionen Stimmen weniger als bei den letzten Parlamentswahlen.

Die Reaktionen

Konservative und Liberale im EP freuen sich: „Jetzt ist es noch wichtiger denn je, dass sie geschlossen bleiben und sich nicht den Manipulationen und dem Missbrauch des Diktators Maduro ergeben“, erklärte die spanische Liberale Beatriz Becerra. „Es ist eine Ehre, den Sacharow-Preis im Namen von ganz Venezuela zu erhalten, es ist eine Anerkennung unseres Volkes durch die internationale Gemeinschaft“, twitterte Julio Borges in den frühen Morgenstunden.

Die Konsequenzen

Bereits in den vergangenen Jahren hat das Europaparlament (EP) mehrfach von der Regierung gefordert, die politischen Gefangenen freizulassen. Es drohte auch mit Sanktionen, verhängte aber bislang keine. Zudem weigern sich die Europaparlamentarier, die umstrittene Verfassunggebenden Versammlung Venezuelas anzuerkennen.

Mit der Vergabe des Sacharow-Preises bekräftigt das EU-Parlament seine Haltung. Venezuelas Opposition wird sich in den kommenden Monaten neu formieren. Spätestens zur Präsidentschaftswahl 2018 muss sie eine wählbare Alternative vorweisen. Die Preisverleihung wird auf all das keinen Einfluss haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!