Opposition in China: Essayist zu Rekordstrafe verurteilt
Die chinesische Justiz geht hart gegen den Menschenrechtler Chen Wei vor. Er erhält neun Jahre Gefängnis für das Veröffentlichen eines Essays im Internet. Der Vorwurf: "Umsturzversuch".
PEKING rtr | Nach der Veröffentlichung kritischer Texte im Internet ist ein chinesischer Menschenrechtler zu neun Jahren Gefängnis verurteilt worden. Chen Wei erhält damit die längste Haftstrafe unter dem Vorwurf des Umsturzversuchs, die die chinesische Justiz in diesem von einem besonders harten Vorgehen gegen Dissidenten geprägten Jahr verhängte. Ein Gericht im Südwesten des Landes verurteilte den 42-Jährigen am Freitag nach einer kurzen Anhörung, in der Chen nach Angaben seines Anwaltes seine Unschuld beteuerte. Chens Ehefrau Wang Xiaoyan sagte, ihre Mann sei für neun Essays verurteilt worden, die er auf Internetseiten im Ausland veröffentlicht habe. Sie seien von China aus nicht erreichbar gewesen.
Die Behörden beschuldigten Chen dennoch, dass die Artikel einen extrem schädlichen Einfluss auf China hätten, sagte Wang in einem Telefoninterview. Ob ihr Mann in Berufung gehe, sei unklar. Nach der Urteilsverkündung zeigte sich Chen seinem Anwalt zufolge aber weiter kämpferisch: "Die Diktatur wird fallen, die konstitutionelle Demokratie wird sich durchsetzen."
Amnesty International forderte die umgehende Freilassung Chens. Bei ihm handele es sich um einen politischen Häftling, so die Menschenrechtsorganisation. Chen musste bereits nach der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989 für ein Jahr ins Gefängnis. Der mit Chen befreundete Menschenrechtler Huang Qi sagte, auch wegen dieser Vorverurteilung habe Chen ein besonders hartes Urteil bekommen. Die Justiz suche sich einzelne Personen aus, um ein Exempel zu statuieren und Nachahmer abzuschrecken.
Drittlängste Haftstrafe für subversive Tätigkeit
Chens Haftstrafe ist die drittlängste, die in China unter dem Vorwurf subversiver Tätigkeit verhängt wurde. Der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verbüßt seit 2009 seine elfjährige Gefängnisstrafe.
Chen gehört zu Hunderten von Dissidenten, gegen die die chinesischen Behörden in diesem Jahr mit besonderer Härte vorgegangen sind. Nach den Volksaufständen gegen autokratische Regime in der arabischen Welt versucht die kommunistische Führung in Peking Proteste im eigenen Land schon im Keim zu ersticken. Experten gehen zwar davon aus, dass eine Wende im Stil des "Arabischen Frühlings" in China sehr unwahrscheinlich ist. Dafür müsste sich eine organisierte Opposition in den Städten wie auf dem Land formieren, die Wirtschaft kollabieren, und das Parteiensystem zusammenbrechen, so die Analysten.
Mit Tränengas und Handschellen gegen Demonstranten
Doch in der wirtschaftlich rasant wachsenden Volksrepublik wagen immer mehr Menschen, ihren Unmut über Missstände wie niedrige Löhne, Landenteignungen, Korruption und auch Umweltverschmutzung auf die Straße zu tragen. Auch wenn diese Proteste die Führung nicht direkt infrage stellen, gehen die Behörden energisch dagegen vor.
So löste die Polizei am Freitag in der südchinesischen Boom-Provinz Guangdong eine Kundgebung gegen den Bau eines Kohlekraftwerks auf. Mit Tränengas gingen die Sicherheitskräfte gegen Demonstranten vor. Lokale Fernsehsender zeigten anschließend Protestteilnehmer in Handschellen, die hinter Gittern Geständnisse ablegten. Die Bewohner protestieren nach eigenen Angaben gegen das Kraftwerk, weil sie schon seit Jahren unter der Luft- und Wasserverschmutzung bereits bestehender Kraftwerke leiden würden.
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