MIT DEM ÖLKARTELL AUF DU UND DU: Opec umwirbt die GUS
■ Neue Ölanbieter könnten Weltmarktpreis drücken
Wien (dpa/taz) — Norwegen und Mexiko, zwei wichtige Erdölproduzenten, haben schon vor Jahren eine Mitgliedschaft bei der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) abgelehnt. Nun sucht das Ölkartell nach neuen Mitgliedern und umwirbt die Öl-reichen Republiken der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Denn je mehr Öl diese Republiken fördern, desto schwächer wird das Ölkartell.
Der nigerianische Ölminister und bisherige Opec-Präsident, Jibril Aminu, sprach jetzt auf der Halbjahrestagung in Wien aus, was viele dachten: „Gibt es nicht Wege, eine Opec-Mitgliedschaft für andere Ölproduzenten attraktiver zu machen?“ Den Grund für dieses recht eindeutige Angebot an die ehemals sowjetischen Republiken nannte Aminu gleich selbst: „Es gibt Ölvorkommen, über die wir kein gesichertes Wissen haben. Es herrscht Unsicherheit über den Zeitpunkt ihres Auftretens am Ölmarkt und über das Volumen.“
Völlig klar wird das neue Opec- Streben, wenn man bedenkt, daß nur wenige Stunden vor Eröffnung der Wiener Konferenz die Republik Kasachstan mit dem US-Ölmulti Chevron ein Abkommen über massive Investitionen unterzeichnete: Nicht weniger als 20 Milliarden Dollar (derzeit rund 32 Mrd. DM) soll Chevron danach in den nächsten 40 Jahren in den zentralasiatischen Staat pumpen, damit das Öl fließt. Der Weltmarktanteil der Opec von derzeit rund 35 Prozent könnte also weiter sinken — die Preisabsprachen und die Fördermengenbegrenzung des Kartells wären wirkungslos.
Allerdings darf davon ausgegangen werden, daß der Westen einer Anwerbung einzelner GUS- Republiken nicht tatenlos zusehen würde. Schon in den vergangenen Jahren hatten die westlichen Ölproduzenten auf jede Produktionsdrosselung der Opec mit einer Ankurbelung reagiert, so daß sich der Preis weitgehend halten konnte.
So meinte Aminu denn auch: „Vielleicht sollten wir beginnen, unseren Blick über Preise, Obergrenzen und Quoten hinaus auf die Vision einer langfristigen Opec- Strategie zu richten.“ In der Realität ist das Ölkartell jedoch dabei, sich selbst zu demontieren. Elf der 13 Mitgliedsstaaten wollen die Förderquoten beibehalten. Doch das größte Mitgliedsland Saudi-Arabien und Kuwait wollen größere Ölmengen auf den Markt bringen — mit der Folge weiter sinkender Ölpreise und eines Anreizes weniger, Energie zu sparen. dri
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