Online-Durchsuchung: BKA hält sich zurück
BKA und Bundesanwaltschaft machen von den Anti-Terror-Befugnissen nur wenig Gebrauch. In keinem einzigen Fall griff das BKA bisher auf die Online-Durchsuchung zurück.
FREIBURG taz | Die BKA-Reform und andere neue Anti-Terror-Gesetze haben in Deutschland heftige Diskussionen hervorgerufen. Doch wie oft wurden sie bisher benutzt? Darüber berichteten Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft (BAW) jetzt bei einer Diskussion am Freiburger Max-Planck-Institut für Strafrecht.
Seit Anfang 2009 ist das BKA nicht nur für die Aufklärung, sondern auch für die Abwehr von Terroranschlägen zuständig. Dazu bekam es zahlreiche zusätzliche Befugnisse, unter anderem das Recht, heimlich private Computer auszuspähen, auch Online-Durchsuchung genannt. Bisher ging das BKA rund 100 Hinweisen auf drohende terroristische Angriffe nach, erklärte BKA-Vizepräsident Jürgen Maurer, dabei erforderten 7 Hinweise eine intensivere Befassung. In keinem einzigen Fall musste das BKA eine Online-Durchsuchung durchführen. "Wir haben die Vorgänge minimalinvasiv bearbeitet", betonte Maurer. In keinem Fall wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, ernsthafte Anschlagsvorbereitungen wurden also nicht entdeckt.
Im Frühjahr 2009 hat der Bundestag auch eine Erweiterung des Anti-Terror-Strafrechts beschlossen. Strafbar ist nicht mehr nur die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, sondern auch die Anschlagsvorbereitung durch Einzelpersonen und lockere Netzwerke, zum Beispiel der Besuch eines terroristischen Ausbildungslagers.
Bisher wurden in Deutschland rund 25 Ermittlungsverfahren auf dieser Grundlage eingeleitet. Dies berichtete Rainer Griesbaum, der stellvertretende Generalbundesanwalt, auf Grundlage einer Umfrage bei den Staatsanwaltschaften der Länder. Die Möglichkeit, solche Personen vor Gericht zu stellen, sei ein "echter Sicherheitsgewinn".
Nach Angaben des BKA werden derzeit in Deutschland rund 130 Personen als islamistische Gefährder überwacht, weitere 250 Personen werden überwacht, weil sie mit Gefährdern "in Verbindung stehen".
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