Olympiade in Berlin: Die Sprachspiele des Senats
Geld und Gefühle - geht das zusammen? Nicht so richtig: Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) stellt die tollen Auswirkungen Olympischer Spiele auf den Berliner Arbeitsmarkt dar.
Die Angelegenheit ist heikel. Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) will an diesem Donnerstagmorgen auf einer Pressekonferenz verkünden, wie viele neue Jobs Olympische Spiele in Berlin 2024 nach Ansicht des Senats der Stadt bringen würden. Dummerweise wird schon bisher vor allem über Zahlen und Geld gesprochen, wenn es um das Pro und Contra einer Bewerbung geht. In der Folge wird dem Senat nicht ganz ungerechtfertigt die Leidenschaft für die Spiele abgesprochen. Wie soll Kolat aus dem drögen Thema Arbeit so etwas wie Euphorie für Olympia rausquetschen?
Die Senatorin, die auch für Integration zuständig ist, versucht den Spagat, bemüht den „Geist“ Olympias und verkündet die schöne, wenn auch steile These, dass „in keiner anderen Stadt der Welt so viele Nationen zusammenleben“, und das auch noch friedlich. Deswegen würden die Spiele auch zu keiner anderen Stadt (der Welt natürlich) so gut passen. Olympia in Berlin, das wäre ein „Sportfest der Kulturen“. Und dass ein solches gewollt sei, habe sie gerade vor Kurzem gespürt, als der Karneval der Kulturen auf der Kippe stand: „Die Stadt brennt für den Karneval, das habe ich gefühlt“, sagt Kolat. Ähnlich sei es mit Olympia.
Berlin, du sportlicher Meltingpot. So weit, so gut.
Aber da ist ja noch die Sache mit den Jobs. „Olympia bringt viele Arbeitsplätze, auf die Berlin auf keinen Fall verzichten darf“, folgt nun die typische Politikerprosa. Kolat toppt sie mit der Phrase vom „Jobmotor“, der bisher übrigens vor allem für die Pannenflughafenbaustelle BER verwendet wurde. Auch ein paar wenig aufschlussreiche Zahlen hat die Senatorin mitgebracht. Da ist von 30.000 bis 40.000 Arbeitsplätzen allein in der Baubranche „im vor- und nacholympischen Zeitraum“ die Rede. Schließlich müsste für die Spiele was gebaut und in der Folge instand gehalten werden, erläutert Axel Wunschel vom Bauindustrieverband.
Auch das ist ein heikler Punkt, denn eigentlich sollen die Spiele ja sehr wenig kosten, weil, wie ja Kolat selbst weiß, „in Berlin die meisten Sportstätten bereits vorhanden“ sind. Andererseits hat das mit der Instandhaltung bisher nicht geklappt, viele Einrichtungen sind dringend sanierungsbedürftig. Da bringt die Senatorin wieder die eigentlich verpönte Geldargumentation ins Spiel und freut sich auf finanzielle Hilfen vom Bund anlässlich von Olympia. Allerdings, so Kolat, solle man „nicht von Kosten reden, sondern von Investitionen“. So viel Leidenschaft muss dann doch sein.
■ Wie könnte Olympia in Berlin aussehen? Mehr dazu in der Wochenendausgabe der taz.berlin
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