Olympia macht auf Charity: „Wer sicher gewinnt, sind die Kinder“
Die Hilfsorganisation Plan International ist offizieller „Charity-Partner“ der Hamburger Olympia-Bewerbung. Manche Paten fühlen sich bedrängt.
![](https://taz.de/picture/796614/14/N1_Plan_International_Ghana_dpa.jpg)
„Wir werden gemeinsam innerhalb der Olympiabewerbung Hamburgs nachhaltige Projekte mit zusätzlichen Spenden in unseren Programmländern fördern, um so die Lebensumstände von Kindern und ihren Familien in Afrika, Asien und Lateinamerika zu verbessern“, heißt es da. „Damit stehe fest: Wer sicher gewinnt, sind die Kinder dieser Welt!“
Für Lorenz suggeriert diese Argumentation, dass den Kindern etwas Gutes tut, wer beim Olympiareferendum für eine Hamburger Bewerbung stimmt: Dazu haben Hamburgerinnen und Hamburger bis zum 29. November Zeit.
„Indirekt“, sagt Lorenz, fühle er sich gebeten „zum Wohle der Kinder dieser Welt mit Ja zu stimmen“. Seine Konsequenz daraus dürfte nicht im Sinne von Plan International sein: „Für mich steht fest, dass ich mir mit meiner Familie nun ein anderes Patenkind suchen werde“, sagt er. „Bei einer anderen Organisation, die ein weniger aggressives Marketing betreibt.“
Rudolf Lorenz*, „Plan“-Pate
Das Ziel von Plan International ist „eine dauerhafte Verbesserung der Lebensbedingungen von Mädchen und Jungen“.
Finanziert wird die Arbeit „in 51 Ländern“ hauptsächlich über Patenschaften: „unterstützen Sie ein Kind mit nur 0,92 Euro am Tag“, wirbt Plan in Deutschland.
Plan International Deutschland gibt es seit 1989. Das Kinderhilfswerk erhielt mehrfach das Spenden-Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen und wurde 2012 für seine Transparenz ausgezeichnet.
Sport-Großereignisse dienten immer wieder zum Anlass für Aktionen. Das Hilfswerk dachte sich aber auch das –nicht unumstrittene –rosafarbene Illuminieren prominenter Gebäude zum Weltmädchentag aus.
Kerstin Straub, Sprecherin von Plan International, hält dagegen, Olympia und das Kinderhilfswerk treibe vor allem eines an: das gemeinsame Ziel, den Sport zu fördern. Plan International teile mit der Bewerbungsgesellschaft das Wissen, dass Sport ein Motor der Entwicklung sei und einen wichtigen Beitrag zur Förderung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen leiste.
Nach eigenen Angaben will die Organisation im Zuge der Bewerbung fünf Entwicklungsprojekte zum Thema Sport starten – in Asien, Afrika und Lateinamerika –, die für Partizipation, Gleichberechtigung, Schutz, Stärkung und Inklusion stehen sollen. „Der Geist von Olympia für Friedenssicherung und kulturelle Kommunikation“, sagt Straub, „entspricht unseren Werten.“
Paten unter Druck zu setzen tue das nicht. Aber die Sprecherin räumt ein: Nur wenn die Hamburgerinnen und Hamburger sich beim Referendum dafür entscheiden, die Stadt in die Bewerbung zu schicken, kommt die dargelegte Partnerschaft auch zustande. Für die Aktion werden Unternehmen und Verbände, die sich für Hamburg als Olympiastadt einsetzen, dazu aufgerufen, die Plan-Projektarbeit zu unterstützen, von der die Kinder profitieren sollen.
Die Entscheidung, ob Hamburg sich um die Sommerspiele 2024 bewirbt, liege ganz allein bei Hamburgs Bürgerinnen und Bürgern, betont die Sprecherin: In keinster Weise solle der Brief darauf Einfluss nehmen. „Wenn man das rausliest oder rauslesen möchte, liegt das an der Stimmung in der Stadt.“ Das Thema werde eben sehr emotional diskutiert.
Neben Rudolf Lorenz haben sich noch weitere Paten an das Kinderhilfswerk gewandt. „Wir haben mit ihnen gesprochen und konnten das immer richtigstellen“, sagt die Plan-Sprecherin.
Hamburgs Bewerbungsgesellschaft für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 will sich auf Anfrage der taz nicht zu den geplanten Charity-Partnern äußern. Nach taz-Informationen will Bürgermeister Olaf Scholz am 26. November bei einer Pressekonferenz die Charity-Partner präsentieren.
*Name geändert
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