Olympia-Bewerbung 2018 läuft weiter: Erfolg im kritischen Bereich
Das Ergebnis des Bürgerbegehrens in Garmisch ist knapper, als es Olympia-Fans und Planern recht sein kann. Dennoch sprechen sie von Rückenwind.
MÜNCHEN taz | Erleichtert waren die Olympia-Fans und -Planer um 20.36 Uhr, als das Endergebnis beider Bürgerbegehren feststand. Nur offen zugeben wollte das keiner: Man sei immer von einer deutlichen Mehrheit in Garmisch-Partenkirchen ausgegangen, sagten der Initiator des Pro-Begehrens, Peter Fischer, der Garmischer Bürgermeister Thomas Schmid und Bewerbungschef Bernhard Schwank im Einklang.
In gleicher Art und Weise beurteilten sie auch das Ergebnis. "Die 58 Prozent sind eine klare Mehrheit, die uns Rückenwind gibt", sagte Schwank bei der recht ernsten Pressekonferenz. Für den einzigen wirklichen Lacher sorgte der in Tracht gekleidete Peter Fischer, der zuletzt die Ski-WM im Ort organisiert hatte. Mitten im Statement von Schwank klingelte sein Handy und Tina Turners "Simply the best" ertönte.
Da musste selbst Olympiagegner Axel Doering schmunzeln, der aufgeräumt wirkte. "Wir akzeptieren die Mehrheit. Die Bewerbung direkt zu stoppen ist jetzt wohl nicht mehr möglich", sagte er. "Aber wir werden die Bewerbung weiter kritisch begleiten. Vom Votum geht kein Signal pro Olympia aus."
Doering spielt insbesondere auf den zweiten Bürgerentscheid an, mit dem die Olympiagegner eine Überprüfung der Olympia-Verträge erzwingen wollten. Auch bei diesem Entscheid siegten die Olympiabefürworter, allerdings nur mit 131 Stimmen Vorsprung - und 1.293 Stimmen sind bei diesem Bürgerentscheid ungültig gewesen, mit über 10 Prozent ein erstaunlich hoher Wert.
Deutschlands oberster Sportfunktionär, DOSB-Präsident Thomas Bach, sagte am Montag, dass er durchaus damit gerechnet habe, dass der Gegenantrag durchkommt und die Stichfrage notwendig wird. Die Stichfrage "Olympia ja oder nein" hatte letztendlich keine Relevanz, wurde aber trotzdem ausgezählt: Hier erreichten die Olympiabefürworter 55 Prozent der Stimmen.
Viel in Werbung investiert
Festzuhalten bleibt: Die Olympiabefürworter haben viel in Garmisch investiert, insbesondere in Werbemittel. Sie siegten in allen drei Abstimmungen und sprachen im Anschluss mit Nachdruck von einer deutlichen Mehrheit. "Jede politische Partei wäre froh, wenn sie so ein Ergebnis erzielen würde", sagte zum Beispiel Thomas Bach. Zum Hintergrund: Die CSU erreichte bei Wahlen in Garmisch-Partenkirchen oft über 50 Prozent, aktuell kommen CSU und das abgespaltene Christlich-Soziale Bündnis vom Bürgermeister Schmid auf 60 Prozent im Gemeinderat. Sportfunktionär Bach betonte in seinem Statement auch noch, dass die Abstimmung am kritischsten Ort der Bewerbung gewesen sei. "Wir sind jetzt der einzige Bewerber, der ein Bürgervotum vorweisen kann."
Für Ludwig Hartmann von den Grünen ist diese Aussage blanker Hohn. "Ohne das Engagement unserer Mitstreiter vor Ort wären die Bürger in Garmisch-Partenkirchen nie nach ihrer Meinung gefragt worden", sagte der Olympiagegner. Außerdem werde das IOC bei diesem knappen Votum sicher nicht in Jubelstürme ausbrechen. "Es gibt eben keine stabilen Mehrheiten jenseits der 70 Prozent, wie die Olympiaplaner immer behaupten", sagte Hartmann der taz. "Die Bewerbungsgesellschaft ist gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen."
Die Bewerbungsgesellschaft selbst blickt nur noch nach vorne, Garmisch-Partenkirchen ist allenfalls noch ein Nebenkriegsschauplatz. Am Dienstag veröffentlicht das Internationale Olympische Komitee den Bericht der Evaluierungskommission, die im Februar und März alle drei Bewerberstädte inspiziert hatte. Nach dem ersten Bericht im Frühjahr des vergangenen Jahres lagen München und Pyeongchang in Südkorea relativ gleichauf, Annecy in Frankreich abgeschlagen dahinter.
Pyeongchang als Favorit
Nach den Querelen in der Münchner Bewerbung, insbesondere in Garmisch-Partenkirchen, gilt Pyeongchang als Favorit - schon bei der Inspektion im Februar sahnten die Südkoreaner großes Lob ab. Nach der Veröffentlichung des Berichts am Dienstag haben alle drei Bewerber noch eine Woche Zeit, bevor sie ihr Konzept vor dem IOC in Lausanne präsentieren müssen. "Lausanne bietet uns noch einmal die Chance, die Substanz unserer Bewerbung herauszuarbeiten", sagte Thomas Bach. Anschließend gibt es vor der Entscheidung in Durban am 6. Juli noch eine Präsentation am 28. Juni in Togo.
Lausanne, Togo und Durban - bei diesem Fahrplan scheint Garmisch-Partenkirchen in den nächsten Wochen nur noch am Rand zu interessieren. Dabei fehlen für die Bewerbung immer noch Grundstücke im Kernbereich der Sportstätten, eines liegt im Zielbereich der Kandahar-Abfahrt. Doch nach dem Votum am Wochenende herrscht Optimismus: Bürgermeister Schmid geht davon aus, dass die Gespräche nun wieder aufgenommen werden. Sein Kollege Christian Ude in München sagte der taz, dass er vollstes Vertrauen in die Bayerische Staatskanzlei hat und mit einem guten Ergebnis rechnet. Und wenn es nicht vor Durban klappt: Nach einem möglichen Zuschlag werden die Karten in der Grundstücksproblematik neu gemischt: Die Olympiagegner fürchten, dass Garmisch-Partenkirchen dann über Enteignungen debattiert.
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