Ole von Beust als Wahlkämpfer: "So'n Kladderadatsch"
Wenn Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus auf seinen Vorgänger Ole von Beust trifft, dann sind die Rollen schnell geklärt: Star gibt es nur einen. Ein Ortstermin.
Zur CDU? "Rechts rum", weist der Kollege vom Fernsehen den Weg, "und dann in den Keller." Vielleicht ein wenig übertrieben: Es sind gerade mal drei Stufen hinab in den lichten Raum im Souterrain eines Hotels im Hamburger Westen. Der amtierende Erste Bürgermeister und sein Vorgänger haben zur Diskussion geladen - und wer dabei der Star ist, wird schon nach den ersten Worten klar: Hamburgs amtierender Regierungschef Christoph Ahlhaus sitzt im Schatten von Ole von Beust.
Dieser greift zum ersten Mal in den Bürgerschaftswahlkampf ein, der für die CDU schon so gut wie verloren scheint. Dieses Engagement sei "ganz, ganz toll", schmeichelt prompt Parteichef Frank Schira zur Begrüßung. Zum ersten Mal seit seinem Rücktritt am 25. August stellt Ole von Beust sich wieder der Presse, und er ist gut erholt, gut gelaunt und souveräner als zuvor. Nein, sagt er auf Nachfragen, "die schwarz-grüne Koalition war kein Fehler", um grinsend hinzuzufügen: "In der DDR war ja auch nicht alles schlecht." War natürlich nur "ein Scherz".
Ahlhaus lacht gequält. Er hat es schwer in dieser einen Stunde an der Seite seines Vorgängers: Will er zu Wort kommen, muss er sich das Wort nehmen. Nicht dass Ole von Beust ihn überstrahlen wollte, das wäre ja nicht seine Aufgabe, und ein Vollprofi ist er immer noch. Aber die Journalisten: Die wollen einfach nicht wissen, wie Ahlhaus gerne regieren möchte nach der Wahl am 20. Februar, weil sich ihnen diese Frage gar nicht mehr stellt. Lieber fragen sie von Beust, ob er seinen Rücktritt inzwischen für einen Fehler hält.
Hinterher wisse man bekanntlich vieles besser, antwortet der mit einer Binsenweisheit, aber das sei "nicht vorhersehbar gewesen, so'n Kladderadatsch". Warum die Grünen im November "ohne Vorwarnung" ausgestiegen seien aus der Koalition, das habe er immer noch nicht verstanden: "Die Begründung war schon dürftig."
Aber nun gebe es eben nach dem Ende von Schwarz-Grün "son büschen Kuddelmuddel", gibt sich von Beust volkstümlich, und davon profitierten jetzt eben die Sozialdemokraten und ihr Spitzenkandidat Olaf Scholz. "Das ist ein psychologischer Reflex", glaubt der 55-jährige Alt-Bürgermeister: Viele Wähler erhofften sich "klare Verhältnisse".
Aber daraus werde nichts, schaltet sich der 41-jährige Noch-Bürgermeister ein. Die SPD sei "wie ein warme Flasche Sekt", sagt Ahlhaus: "Oben ist ein Korken, der heißt Olaf Scholz, und darunter brodelt es. Und nach dem 20. Februar knallt das, und dann fliegt alles hoch." Ein bisschen hilflos wirkt er da schon, der Amtsinhaber. Ole von Beust aber, der Vollprofi, verzieht keine Miene.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen