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Ohne nennenswerte Organisationskraft zum Erfolg

■ Die DVU landete ihr überraschendes Ergebnis in Schleswig-Holstein nach weitgehend unbemerkten Vorbereitungen

In den letzten Wochen vor der Schleswig-Holstein-Wahl fühlte sich der Rendsburger SPD- Landtagsabgeordnete Günter Neugebauer wie ein einsamer Rufer in der Wüste. In Fraktionssitzungen äußerte er seine Befürchtung, die „Deutsche Volksunion“ (DVU) könne den Sprung ins Parlament schaffen. Keiner seiner Genossen nahm die Warnung ernst, die Sozialdemokraten wurden vom Rechtsruck kalt erwischt.

Neugebauer hatte im Wahlkampf an vielen Tagen etliche Stunden auf dem Marktplatz seiner Heimatstadt mit Wählern diskutiert. Dabei war seine Angst vor einem Wahlerfolg der Rechtsradikalen stetig gestiegen. Schon zu Beginn der vorigen Woche berichtete er: „Da laufen uns viele zur DVU weg.“ Die ausländerfeindlichen Details aus den Gesprächen mochte er nicht wiedergeben: „Abschreckend und ekelhaft.“ Seine Fraktionskollegen hatten sich ebenso wie alle Journalisten im Land monatelang einer wohligen Täuschung hingegeben: Die Schleswig-Holsteiner seien viel zu vernünftig für eine Protestwahl.

Dabei haben rechtsradikale Formationen eine lange Tradition im Land zwischen den Meeren. Das Kieler Landeshaus hat schon viele ewiggestrige Abgeordnete erlebt. Es begann in den fünfziger Jahren mit dem revanchistischen „Bund der Heimatlosen und Entrechteten“ (BHE), der im Norden gegründet wurde und von Altnazis durchsetzt war. In seiner besten Zeit erzielte der BHE um die 20 Prozent der Landtagsstimmen. Nach drei Legislaturperioden ging dem Bund die Luft aus, seine verbliebenen Akteure wurden von der CDU absorbiert.

DVU-Kandidat: „Wahlkampf aus dem Keller“

Nach einer Wahlperiode ohne rechtsradikale Fraktion zog dann die NPD für vier Jahre in den Landtag ein. Danach verloren ultrarechte Gruppierungen für mehr als zwanzig Jahre jede landespolitische Bedeutung. Die „Republikaner“ kamen in den vergangenen Jahren im Norden nicht aus den Startlöchern und verfügten nach mehreren Spaltungen über keine nennenswerte Organisationskraft.

Doch die wird offenbar nicht mehr gebraucht. Die DVU landete ihren schockierenden Erfolg nach weitgehend unbemerkten Vorbereitungen. Im vergangenen Herbst wurde die DVU-Landesliste in einem holsteinischen Landgasthof unter Ausschluß der Öffentlichkeit faktisch unbemerkt aufgestellt. In der schleswig-holsteinischen Landespresse wurde, wenn überhaupt, erst mit wochenlanger Verspätung darüber berichtet — in Kurzmeldungen. Wahlveranstaltungen fanden nicht statt, aber der Münchner Verleger Gerhard Frey hatte eine flächendeckende Plakatierung finanziert. Mehr als aggressive Sprüche bot die DVU ihren Wählern nicht. Ihr Spitzenkandidat Ingo Stawitz erklärte stolz: „Wir haben einen Wahlkampf aus dem Keller gemacht, mit zwanzig bis dreißig Leuten im ganzen Land.“ Im gleichen Atemzug teilte er mit, die DVU habe in Schleswig-Holstein 2.000 Mitglieder.

6,3 Prozent für die DVU und 1,2 Prozent für die „Republikaner“ bewirkten am Wahlabend nicht viel mehr als gegenseitige Schuldzuweisungen der großen Parteien. Als Rendsburgs sozialdemokratischer Bürgermeister Rolf Teucher das am Fernsehschirm miterlebte, polterte er los: „Das sind Idioten, die sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben und das sagen, was die Rechtsradikalen nur in Schlagworten zu wiederholen brauchen.“ Jürgen Oetting, Rendsburg

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