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■ H.G. HolleinOhne Worte

Die Frau, mit der ich lebe, sitzt gerne bei ihrer Friseurin. Ich weniger. Das mag daran liegen, dass ich konversationell eher auf der muffeligen Seite zu finden bin. Bereits bei der Frage „Wie immer?“ will es mir einfach nicht gelingen, mehr als ein bejahendes Brummen abzusondern. Auch finde ich es der Hervorbringung spritziger Apercus nicht übermäßig zuträglich, wenn das Schergerät auf meiner Kalotte hoppelnd seine Bahnen zieht. Ich möchte auch nicht kommentieren, dass der Winter heuer ziemlich trübe war. Wetter ist nun mal, und Evidentes in Worte zu fassen mag zwar allzumenschlich sein, entbehrt aber – finde ich – jeglichem weiterführenden Erkenntnisgewinn. So sitze ich denn da und blicke nach Ablegen der Brille kurzsichtig ins Nichts. Und da möchte ich – wenn das alles schon sein muss – für die Dauer der Prozedur bitteschön auch bleiben. Ich weiß, Friseurin S. hält mich seit achtzehn Jahren für einen leicht schratigen Charakter und wundert sich vermutlich ebensolange, was die Gefährtin wohl an mir finden mag. Deshalb plaudern die beiden auch ohne Unterlass darüber, dass ich in letzter Zeit viel arbeiten musste, mich bei der Anfahrt mal wieder geweigert habe, im Halteverbot zu parken und man dieses Mal an mir vielleicht ein neues Haarwasser ausprobieren könnte. Und ehe ich meinen Protestfinger unter dem Frisierumhang hervorgehebelt habe, geschieht das dann auch. Kühles Nass tröpfelt auf mein Haupt, kräftige Finger ruckeln an meinem Skalp und ein leichter Fliederduft steigt mir in die Nase herab. Nun denn: kommunikatives Unvermögen hat eben seinen Preis. Derweil blättert die Gefährtin in „Gala“ und im „Neuen Blatt“ und gibt anlässlich des Ablebens des armen Claus von Amsberg Kernsätze von sich wie: „Son Leben als Depressiver ist ja auch nicht leicht.“ In solchen Momenten sehe ich mich in meiner verstockten Maulfaulheit denn doch aufs Glanzvollste bestätigt.

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