: Ohne Trost nichts los
Die Berliner dominieren wieder einmal die deutsche Meisterschaft im modernen Fünfkampf. Die Sieger bei den Frauen und bei den Männern kommen aus der Hauptstadt. Ein Werk des gestandenen und seit Jahren erfolgreichen Trainers Rudi Trost
von ANDREAS RÜTTENAUER
„Herr Trost, Herr Trost, kann ich noch ein Ordner-T-Shirt haben?“ Eine Hand voll Mädchen, die als Streckenposten an den Internationalen deutschen Meisterschaften im Modernen Fünfkampf mitgearbeitet haben, umlagern einen gütigen, schon ein wenig ergrauten Herrn. Rudi Trost strahlt über das ganze Gesicht. Für den Berliner Landestrainer war es ein außergewöhnlicher Tag. „Einmalig!“, so lautet sein Kommentar zu den Ergebnissen der Meisterschaft. Dabei ist es für die Fünfkämpfer aus Berlin gar nicht so einfach, ihrem Cheftrainer einen solch überschwänglichen Ausruf zu entlocken. 1970 hatte Trost seine Trainertätigkeit in Berlin begonnen. 1973 gewann mit Wolfgang Köpke erstmals ein Sportler aus seiner Trainingsgruppe den nationalen Titel. Seitdem geht ein wahrer Medaillendauerregen auf die Fünfkämpfer aus der Hauptstadt nieder. Auch bei den Titelkämpfen dieses Jahres, die am Wochenende am Berliner Olympiastadion stattfanden, setzten sich mit Eric Walther und Kim Raisner zwei Lokalmatadoren durch. Dennoch war das Ergebnis einmalig. Im Männerwettbewerb platzierten sich sechs Berliner unter den ersten elf der Wertung. Das hat selbst der verwöhnte Erfolgstrainer Trost noch nicht erlebt.
„Herr Trost, Herr Trost, wir haben noch gar kein Geld bekommen!“ Die Ordnerkinder bedrängen den Erfolgscoach. Doch der wirkt alles andere als genervt. Er verweist die Kinder an eine Dame im Büro des Landesleistungszentrums. Er kennt die Mädchen. Sie trainieren in einer der Nachwuchsabteilungen. „Auch die Kim Raisner kommt aus einer meiner Kindergruppen“, sagt Trost mit einem stolzen väterlichen Lächeln auf den Lippen.
Die Fähigkeit, mit Kindern zu arbeiten, bezeichnet Trost als eine seiner Stärken. Außerdem sei er nicht nur als Trainer erfolgreich, sondern auch als Organisator. Das weiß man auch im internationalen Verband zu schätzen, und so ist Trost mittlerweile so etwas wie der Rudi Gutendorf der Fünfkämpferszene geworden. In Mexiko, Kuba und Argentinien hat er bereits beim Aufbau von Verbänden für modernen Fünfkampf geholfen, demnächst reist der gebürtige Österreicher nach Nordkorea, Kamerun, Guatemala und Panama, um dort für die Kombination von Schießen mit der Luftpistole, Fechten, Schwimmen, Reiten und Laufen zu werben.
„Herr Trost, ich möchte Protest einlegen.“ Ein Athlet, der gerade das Schwimmbecken verlassen hat, ist der Meinung, dass ihm beim Reitwettbewerb ein Abwurf zu viel berechnet worden sei. Natürlich kümmert sich Trost, ohne den an den zwei Wettkampftagen beinahe nichts läuft, um den Sportler. Doch er hat auch viele Helfer. „Gut, dass es den Peter Deutsch gibt, der setzt sich wirklich ein“, meint der Cheftrainer und zeigt auf seinen designierten Nachfolger. Bald nämlich will Trost, der seit 32 Jahren in Berlin lebt, in Rente gehen. Doch ein Ziel hat er noch: Olympia 2004 in Athen. Er träumt davon, dass alle vier deutschen Startplätze von Berlinern eingenommen werden. Die neuen nationalen Meister Kim Raisner und Eric Walther sind dabei schon fest eingeplant.
„Herr Trost, ich wollte Sie mal was fragen wegen eines Jobs.“ Nach dem ersten Wettkampftag bittet die Berliner Nachwuchshoffnung Sascha Vetter den Trainer um ein Gespräch. Der hat über die Jahre ein Netzwerk von Verbindungen zum Olympiastützpunkt, zum Landessportbund, aber auch zur Berliner Wirtschaft geknüpft und ist sich sicher, dem jungen Mann helfen zu können. Er kennt sich aus, ist heimisch geworden in der Hauptstadt: „Ich finde Berlin besser als viele echte Berliner.“
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