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„Ohne Lummer geht es nicht“

■ „Star“ des CDU-Parteitages war Heinrich Lummer / Integrationsfigur für die Rechten CDU scheint sich als Oppositionspartei einzurichten / Jedes Jahr ein „Aussprache-Parteitag“

Unbestrittener „Star“ des CDU-Parteitages am Montag abend war der Bundestagsabgeordnete Heinrich Lummer. Eigentlich hätte er dazu aufgefordert werden müssen, eines der Grundsatzreferate neben Diepgen und Generalsekretär Klaus -Rüdiger Landowsky zu halten, schimpfte Ursula Besser von den konservativen „Christdemokraten für den Zusammenhalt“ und sprach damit offensichtlich vielen Delegierten aus der Seele. Bei Lummers Reden wurde der Tresen wieder leerer und der Versammlungsraum im Ullsteinhaus füllte sich wieder. Lummer schätzte, daß bei den letzten Wahlen die Partei Wähler nach beiden Richtungen verloren habe, deshalb sei es auch sinnvoll, nach links und rechts offen zu bleiben.

Die „Republikaner“ hält der CDU-Rechte zur Zeit nicht für koalitionsfähig, da niemand so richtig wisse, was sie eigentlich wollen. Falsch sei es jedenfalls, soviel war ihm dann doch klar, die REPs von vornherein als neonazistische Gruppe zu bezeichnen.

Während der Ex-Regierende Diepgen noch die Schuld am Wahldebakel auch der Bundes-CDU in die Schuhe geschoben hatte, befand der Eiserne Heinrich, die FDP sei schuld, daß die CDU einen wesentlichen Teil ihres Profils aufgeben mußte. Wie sehr Lummer die Stimmung der Delegierten traf, zeigte sich auch bei seinen Ausführungen zur deutschen Geschichte. Der Abgeordnete einer Partei, die sich neuerdings als „patriotisch“ bezeichnet, rief unter tosendem Beifall aus, daß man deutsche Geschichte nicht nur „von Auschwitz her“ definieren könne. Es gäbe doch auch „Dinge, auf die die Deutschen stolz sein können.“

Auf den Fluren waren sich CDUler aus durchaus unterschiedlichen Flügeln der Partei einig, daß ein Heinrich Lummer immer noch der Mann sei, der es schaffen könnte, auch die Rechte in die Partei zu integrieren, die „Republikaner“ dadurch zu neutralisieren und deren unausgegorene Positionen in die rechten, sprich CDU-Bahnen zu lenken. Ohne Lummer geht es nicht, meinte auch Uwe Lehmann-Brauns von der Reformgruppe. Der linke Flügel setzte sich mit einem Antrag durch, eine Kommission unter Vorsitz Diepgens einzurichten, die die Ursachen für die Wahlniederlage analysieren soll. Die Formulierungen, die Kommission solle „die Auswirkungen von Korruption und Filz, die Anhäufung von Macht bei einzelnen Personen und deren politische Verantwortung berücksichtigen“, wurden allerdings nicht in den Antrag aufgenommen. Die CDU will sich nun außerdem einmal im Jahr zu einem „Ausspracheparteitag“ treffen.

Mit ihrer Rolle als Oppositionspartei für die nächsten vier Jahre hat sich die CDU anscheinend abgefunden. Es war keine Rede mehr davon, daß diese Koalition in nächster Zeit scheitern werde. Generalsekretär Landowsky sprach jetzt immerhin von „höchstens vier Jahren“.

RiHe

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