piwik no script img

Ohne Gewalt

■ betr.: „Aufmarsch für Opas weiße Weste“, taz vom 3.3. 97

Felix Berth hätte sich vielleicht nicht nur mit den „Jungen Nationaldemokraten“ unterhalten sollen, sondern auch mit einigen Gegendemonstranten. Als die „Jungen Nationaldemokraten“ gehen mußten, hatten die meisten von uns nicht etwa, wie er schreibt, unsere Gegner verloren, sondern es war Freude und Erleichterung zu spüren, da wir ohne Gewalt erreicht hatten, was wir wollten: Kein Nazi-Aufmarsch auf dem Marienplatz in München.

Wenn Felix Berth schreibt, daß die Demonstranten Rangeleien mit der Polizei begonnen hätten, entspricht das nicht dem, was die meisten von uns erlebt haben. Als die Polizei damit begann, gegen die Demonstration vorzugehen, versuchten wir sie mit dem Aufruf „Keine Gewalt!“ davon abzuhalten. Warum einige dann trotzdem mit Schlagstöcken attackiert wurden, die Demonstranten von der Polizei fotografiert und gefilmt wurden, konnten wir nicht verstehen, es kam für die meisten von uns ziemlich unerwartet. Die Polizei traf dabei aber auf nahezu keine Gegenwehr. Die meisten von uns wollten ihre Ziele ohne Gewalt durchsetzen und waren nicht auf Randale aus.

Felix Berth hätte sich die Beschreibung eines pinkelnden Skins besser gespart (daß die auch mal müssen, hätten wir auch so gewußt) und sich in den dadurch frei gewordenen Zeilen mit den Beweggründen der Gegendemonstranten auseinandergesetzt: Wir können die Verleugnung und das Verschweigen unserer Geschichte nicht dulden, wir wollten uns gegen den Nazi-Aufmarsch in München stellen, uns war bewußt, daß wir viele sein müssen. Es war wichtig, eine große Anzahl an Gegendemonstranten zu aktivieren, damit die Polizei die Demonstration nicht auflösen konnte (was im Vorfeld öfters angedroht wurde) und um das Risiko einer Straßenschlacht zu senken, denn so dumm, es mit einer überwältigenden Mehrheit aufzunehmen, sind nicht einmal Rechte. [...]

Außerdem stellt sich natürlich die Frage, was in der taz stünde, wenn keine Gegendemonstration stattgefunden hätte. Wie wäre es mit: „München duldet rechten Aufmarsch auf dem Marienplatz, niemand stellte sich entgegen!“, oder etwas über die Wegschaumentalität der Deutschen. Nina Bopp, Ulm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen