Offshore-Windparks: Watt-Evolution in der Nordsee

Vor der Insel Borkum geht "Alpha Ventus", der erste deutsche Meereswindpark, in Betrieb. Andere Länder, etwa Dänemark, sind bei der Offshore-Windkraft viel weiter.

Umweltminister Röttgen (2.v.l.) drückt zusammen Managern von Eon, Vattenfall und EWE den "grünen Knopf" zum Start von "Alpha Ventus". Bild: dpa

Nun hat auch für Deutschland die Ära des Offshore-Windstroms begonnen: Am Dienstag weihte das Konsortium der Unternehmen EWE, Eon und Vattenfall Europe den ersten Windpark in hiesigen Gewässern ein. Er trägt den Namen "Alpha Ventus" und befindet sich 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum in der Nordsee. Neben der reinen Stromgewinnung dient der Park mit seinen 12 Anlagen je fünf Megawatt auch als Testfeld für Forschungsprojekte im Naturschutz, die vom Bundesumweltministerium gefördert werden.

"Die Branche hat lange auf diesen Tag gewartet", sagte am Dienstag Thorsten Herdan vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Denn während andere Nordseeanrainer - vor allem Dänemark - frühzeitig mit der Windkraft auf See loslegten, tat man sich in deutschen Gewässern schwer. Und das hatte mehrere Gründe. Zum einen waren die Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lange Zeit völlig unzureichend. Erst die Erhöhung um 6 Cent auf nunmehr 15 Cent je Kilowattstunde Anfang 2009 schuf den Projekten eine wirtschaftliche Grundlage.

Zudem sind die Standorte in deutschen Gewässern viel schwieriger zu erschließen als andernorts. Denn die potenziellen Standorte liegen zum einen wegen des Wattenmeeres weit vor der Küste in tiefen Gewässern. Zum anderen hat man die Standorte auch der Sicht wegen weit nach draußen verbannt. So ist auch "Alpha Ventus" vom Strand auf Borkum nicht mehr sichtbar, denn ab einer Entfernung von 45 Kilometern verschwinden die Anlagen hinter der Erdkrümmung. Die hohe See jedoch birgt entsprechende Herausforderungen. "Dort gibt es zeitweise Wellen, die deutlich größer sind als an den bisher realisierten Standorten anderer europäischer Länder", sagt Ulf Gerder vom Bundesverband Windenergie (BWE). Auch die Wassertiefe von 30 Metern beim Projekt "Alpha Ventus" überschreitet die Werte an anderen Offshore-Standorten. Zudem kostet die große Entfernung vom Land viel Zeit beim Aufbau, und sie erfordert hohe Investitionen in die Infrastruktur.

Der Strom von "Alpha Ventus" wird in einem Umspannwerk auf See auf eine Spannung von 110.000 Volt gebracht und dann über ein 60 Kilometer langes, 18 Zentimeter dickes Kabel auf einer Trasse über Norderney an Land geführt. Rund 200 Millionen Kilowattstunden soll der Windpark im Jahr erzeugen, das entspricht dem Verbrauch von 50.000 Haushalten. Branchenkenner sehen aber auch strukturelle Gründe für die langsame Entwicklung in Deutschland.

"Zwei Drittel aller geplanten Offshore-Windparks sind heute in den Händen der großen Stromkonzerne", sagt BWE-Sprecher Gerder. Und diese Unternehmen seien als Betreiber von Atom- und Kohlekraftwerken naturgemäß wenig geneigt, sich mit den Windkraftwerken allzu intensiv selbst Konkurrenz zu machen. Deswegen seien die deutschen Stromkonzerne in ausländischen Gewässern - etwa Großbritannien - deutlich aktiver als in heimischer See. Da passt es ins Bild, dass hinter dem großen deutschen Meereswindpark, der als Nächstes ans Netz gehen soll, ein Investor steht, der unabhängig von der deutschen Stromwirtschaft agiert.

Vor zwei Wochen begann die Firma Bard Engineering aus Emden rund 100 Kilometer nordwestlich von Borkum mit dem Bau des Windparks "Bard Offshore 1". Gründer der Firma ist ein russischer Gasmanager. Bard will nun ein Tempo vorlegen, wie man es bei den deutschen Stromkonzernen auf See noch nie gesehen hat: Mitte 2011 sollen die 80 Anlagen mit jeweils fünf Megawatt Leistung in 40 Meter tiefem Wasser bereits errichtet sein. Und die ersten sollen sogar schon in diesem Sommer ans Netz.

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