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Offener Brief an die BundeskanzlerinNRW-Städte für Seenotrettung

Die BürgermeisterInnen von Köln, Bonn und Düsseldorf würden gerettete Flüchtlinge aufnehmen. Die Bundesregierung ignoriert das Angebot.

Im Juni ertranken 629 Geflüchtete. Mit Blumen gedachten ihnen DemonstrantInnen in Hamburg Foto: dpa

Köln taz | In einem gemeinsamen Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel bieten die Städte Düsseldorf, Köln und Bonn der Bundesregierung an, Geflüchtete aufzunehmen. Außerdem fordern die OberbürgermeisterInnen Henriette Reker (Köln, parteilos), Thomas Geisel (Düsseldorf, SPD) und Ashok Sridharan (Bonn, CDU), die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen. „Wir wollen ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter setzen“, schreiben sie.

Die Bundesregierung hat bisher nicht reagiert. „Stand Freitagvormittag ist der Brief noch nicht eingegangen“, sagte eine Regierungssprecherin der taz. Und selbst wenn: „Offene Briefe kommentieren wir grundsätzlich nicht.“

Seit Beginn des Jahres 2018 sind mehr als 1.400 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Allein im Juni ertranken 629 Menschen. Aktuell ist die Überfahrt so gefährlich wie selten: Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) ertrinkt bei der Flucht über das Mittelmeer mittlerweile einer von sieben Menschen. Im ersten Halbjahr 2018 lag die Zahl noch bei einem von 19 Menschen, 2017 bei einem von 38. Der Anstieg folgt unmittelbar auf die Behinderung und Kriminalisierung privater Initiativen zur Seenotrettung.

Italien und Malta haben die seit Mitte 2014 praktizierte informelle Zusammenarbeit mit „Ärzten ohne Grenzen“, Sea Watch und anderen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aufgekündigt und die Häfen dicht gemacht. Wenigstens über den Sommer würden NGOs „Italien nur auf einer Postkarte sehen“, sagte Innenminister Matteo Salvini dazu. Das UNHCR schätzt, dass 40 Prozent der Seenotrettung von NGOs geleistet wurde.

Seenotrettung dringend geboten

Bis eine europäische Lösung mit allen Beteiligten vereinbart ist, sei es dringend geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme der geretteten Menschen zu sichern, heißt es im Brief der OberbürgermeisterInnen an die Kanzlerin. „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass es eine europäische Lösung für die Aufnahme, die Asylverfahren sowie die Integration oder die Rückführung von Geflüchteten geben muss.“

Mit ihrer Initiative würden sie sich gegen die vermeintlich herrschende Stimmung stellen wollen, dass „Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen können“. Weiter schreiben sie: „Unsere Städte können und wollen in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen – genauso wie andere Städte und Kommunen in Deutschland es bereits angeboten haben.“

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11 Kommentare

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  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Die inländischen Armen halten schon viel zu lang still, auch ihnen müsste ein besseres Leben ermöglicht werden, aber die Reichen sind zu gierig und die Armen tun nichts – vielleicht aus Angst oder weil sie einfach auf die Tricks und Manipulationen reinfallen. Auch habne sie keine Ressourcen, um etwas zu unternehmen, es reicht ja nicht mal zu Leben."

    "Es reicht für alle. Schon immer. Das ist reine Missgunst. Und dumm ist es m. E. auch noch."

    Ich bin jetzt doch etwas verwirrt. Würden Sie so freundlich sein, mir die beiden Aussagen im Zusammenhang zu erläutern?

  • Es sollte eine Volksabstimmung zu diesem Thema geben. Es kann nicht sein, dass die Bürgermeister einer Stadt willkürlich so weitreichende Entscheidungen treffen dürfen.

    • @Gurkenbrille:

      Benötigen Sie eine Genehmigung vom Staat, um Besuch aus einer anderen Stadt in Ihrer Wohnung zu empfangen – um ihn am Ende auch noch bei sich übernachten zu lassen…?

      Willkürlich? Tipp: GG lesen, und menschliches Verhalten einschalten.

      • 8G
        83492 (Profil gelöscht)
        @Frau Kirschgrün:

        "Benötigen Sie eine Genehmigung vom Staat, um Besuch aus einer anderen Stadt in *Ihrer* Wohnung ..."



        Die Stadt gehört nicht den Bürgermeistern und die Kosten der Übernachtungen werden nicht von den Bürgermeistern getragen. Etwas schräg, der Vergleich.

        • @83492 (Profil gelöscht):

          Meinetwegen ein schräger Vergleich.

          Macht doch nixxx. Soll ja zum Überlegen anregen…



          Mir stinkt diese Abwehrhaltung, und zwar die am meisten, die so tun, als wäre es gar nicht "so schlimm", das GG und die Menschlichkeit zu "vergessen".

          Ich muss doch nicht darüber abstimmen, ob Menschen aus Lebensgefahr gerettet werden!

          • 8G
            83492 (Profil gelöscht)
            @Frau Kirschgrün:

            "Ich muss doch nicht darüber abstimmen, ob Menschen aus Lebensgefahr gerettet werden!"

            Aber es sollte schon die Frage erlaubt sein, ob *jede* Person die aus unmittelbarer Lebensgefahr gerettet worden ist, auch noch nach Deutschland gebracht und dort lange Zeit versorgt werden muss.

            Wenn es Ihnen um Menschlichkeit geht und Sie nur einer begrenzten Anzahl von Menschen helfen können: würden Sie dann jeden aufnehmen, so wie es gerade kommt, oder nach bestimmten Kriterien auswählen?

            • @83492 (Profil gelöscht):

              Ein Staat hat die Möglichkeit – besonders unser reicher Staat – die Menschen erstmal aufzunehmen, und dann kann weiter entschieden werden. Aber die Bundesregierung verhindert die Aufnahme, indem andere dafür bezahlt werden oder die Rettung (stillschweigend) "abgeschafft" wird. Selbst Zusagen von Städten werden ignoriert.



              Es geht um Menschen, nicht um Diebe oder Verbrecher.

              Das geht gar nicht.

              Um wie viele Flüchtlinge handelt es sich? Es sind wenige im Vergleich zur Bevölkerung, die SEHR reich ist, es sind wenige im Vergleich zur Ausbeutung, die wir reichen den armen Ländern antun.



              Wir "verdienen" immer an der Entwicklungshilfe, wir unterstützen Diktatoren, und dann wundern wir uns, wenn die Armen der Drittweltländer bei uns vor der Tür stehen. Geht gar nicht. Wie blind muss frau/man sein?

              Es ist eine Frage des natürlichen Anstands und der Menschlichkeit.

              Und den Armen hier in Deutschland (gehöre selbst dazu) wird durch Flüchtlinge nichts weggenommen. Die Stimmung wird medial gemacht (die Medien gehören den Reichen), um sicher zustellen, dass die Reichen weiter unverhältnismäßig viel einstecken können. Nichts anderes.

              Die inländischen Armen halten schon viel zu lang still, auch ihnen müsste ein besseres Leben ermöglicht werden, aber die Reichen sind zu gierig und die Armen tun nichts – vielleicht aus Angst oder weil sie einfach auf die Tricks und Manipulationen reinfallen. Auch habne sie keine Ressourcen, um etwas zu unternehmen, es reicht ja nicht mal zu Leben.

              Und eine Meinungsäußerung wie Ihre oder die von Gurkenbrille zeigen, wie wenig Interesse (nicht nur) Sie beide an einem gedeihlichen Zusammenleben haben – gar keines.



              Ich bin mir sicher, Sie möchten mit keinem Asylsuchenden oder auch sog. Wirtschaftsflüchtling tauschen, denn Sie hatten alle einfach nur Glück, hier geboren zu sein. Es lastet Schuld auf uns reichen Ländern – auch wenn ich selbst arm bin.

              Es reicht für alle. Schon immer. Das ist reine Missgunst. Und dumm ist es m. E. auch noch.

              • @Frau Kirschgrün:

                Noch eins:



                Es gibt etwa 13 Mio. Menschen in D, die von Transferleistungen leben oder so wenig verdienen, dass sie knapp über AlG2 liegen – diese Menschen könnten eine Bundestagswahl GANZ alleine entscheiden – für SICH.



                Aber das wissen die Reichen auch – blöd sind sie ja nicht wirklich – nur asoziale Schmarotzer m. E. – und deswegen sind die Medienhoheit und Manipulation sooo wichtig.

                Nur so schaffen sie es, den Menschen einzureden, es gäbe keine Alternative zum Kapitalismus. Aber das ist schon semantisch totaler Blödsinn – Alternative heißt immer, dass es mindestens zwei Optionen gibt.

                Es gibt IMMER mehrere Möglichkeiten, das Wort alternativlos ist m. E. eine leere und semantisch falsche Worthülse.



                Aber alle fallen drauf rein.



                Warum?



                Tut denken weh?

                • 8G
                  83492 (Profil gelöscht)
                  @Frau Kirschgrün:

                  "Es gibt IMMER mehrere Möglichkeiten, das Wort alternativlos ist m. E. eine leere und semantisch falsche Worthülse."



                  Die Antwort auf die Frage, ob es eine Alternative zum Sterben gibt, kennt nur Schrödingers Katze :-)

                  • @83492 (Profil gelöscht):

                    Yap

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Die Bundesregierung ignoriert das Angebot".



    Einfach nur widerlich, diese Bundesregierung ist echt nur noch zum K...