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Özdemir über Integrationsstudie"Mit den Eltern, notfalls auch gegen sie"

Dass sich Bildungsarmut vererbt, ist ein soziales und kein kulturelles Problem, sagt der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir.

"Jeder Tag, den wir bei der Schulreform verlieren, ist ein verlorener Tag für Deutschland." Bild: ap
Interview von Christian Füller

taz: Herr Özdemir, eine neue Studie sieht die Integration von Migranten gefährdet. Übertreiben die Forscher?

Cem Özdemir: Die Studie beschreibt bekannte Probleme. Aber ich ärgere mich über manche Aussage rund um die Studie.

Warum das?

Weil man immer wieder denselben Gaul reitet, dass es hier um ethnische und kulturelle Fragen ginge. Das hat nichts mit dem zu tun, was die Wissenschaft über Integration weiß. Es geht vor allem um eine soziale Frage und keine kulturelle. Die Sprachstandserhebungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen etwa haben gezeigt, dass 20 Prozent der deutschen Vorschulkinder nicht gut genug sprechen, um in der Schule mithalten zu können.

Aber ist das so falsch, dass es gerade bei den Deutschtürken erhebliche Probleme gibt?

Nein, diese Erkenntnis ist nicht neu. Wir stehen vor der Herausforderung, dass sich Bildungsarmut praktisch vererbt. Vielen der Zugewanderten, besonders aus der Türkei, ist die Bedeutung guter Bildung für ihre und unsere Kinder nicht ausreichend bewusst. Das gilt allerdings auch für italienische Migranten.

Was kann man da tun, dass Alis Mutter sich mehr für Schule interessiert?

Es gibt viele Beispiele dafür, wie man in Elterncafés und Familienzentren aktiv auf die Eltern zugeht. Wenn es nicht mit den Eltern geht, dann muss man es auch gegen sie machen.

Was meinen Sie damit?

Wenn in einer Familie ein archaisches Bild der Rollenverteilung von Mann und Frau gepredigt wird, dann müssen wir in den Schulen andere Werte vermitteln - und vorleben. Dafür bräuchten wir auch mehr Erzieher mit Migrationshintergrund. Aber es geht nicht nur um die Eltern.

Sondern?

Der Staat versagt, davor können wir die Augen nicht verschließen. Es ist die Aufgabe der staatlichen Schulen, jedem Kind in dieser Gesellschaft eine Chance zu geben. Davon sind wir weit entfernt. Ich sage zwei Stichworte, gegen die wir sträflich verstoßen: Bildung muss früh beginnen und muss länger dauern. Früher meint: Wir müssen bei den unter Dreijährigen mit unserem besten Personal anfangen. Und wir müssen weiter konsequent die Ganztagsschulen ausbauen. Warum hat die Bundesregierung dieses Programm nicht verlängert?

Wieso wissen wir so viel und tun so wenig?

Weil wir in diesem alten Streit verbissen sind. Die Linke will immer nur die Schulstruktur ändern, die Konservativen machen nur die Familien haftbar. Beides ist falsch.

Sie wollen die Schulstruktur belassen, die die Kinder mit zehn Jahren sortiert?

Selbstverständlich will ich eine gute Gemeinschaftsschule, die individuell fördert und mit der das Gesamtschultrauma überwunden werden kann. Aber die Linke macht es sich zu einfach. Zu sagen, morgen haben wir eine Einheitsschule und dann ist alles gut, das ist naiv. Wenn wir wirklich eine pädagogisch wertvolle Schule für alle hinbekommen wollen, müssen wir die Eltern der gehobenen Mittelschicht genauso dafür gewinnen wie die Mutter deutschtürkischer Kinder, die vor 20 Jahren in Anatolien geboren wurde. Es ist nichts gewonnen, wenn die Mittelschicht in Privatschulen flieht.

Klingt wie eine Absage an die Schule für alle.

Nein, nur muss es diesmal klappen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Amerikaner die frühe Trennung nach der vierten Klasse in Deutschland überwinden, was misslang. In den Sechzigern hat die SPD die zweite Chance dazu verbaut, weil sie riesige, anonyme Schulklötze baute. Wir dürfen nicht noch einmal scheitern. Wer die Demokratie in Deutschland verankern will, kann nicht zulassen, dass Zehnjährige auf verschiedene Schulzweige verteilt werden.

Wenn Sie drei Sofortmaßnahmen ergreifen könnten, was würden Sie tun?

Erstens würde ich die Preisträger des Deutschen Schulpreises zu Best-Practice-Modellen erklären, von denen andere Schulen lernen sollen. Zweitens würde ich den Schulen viel mehr Autonomie und Kompetenzen geben, damit sie eigene Lösungen finden. Drittens würde ich Geld und Know-how für eine offensive Elternarbeit zur Verfügung stellen.

Wie viel Zeit bleibt noch, um die Schulen für Migrantenkinder fitzumachen?

Jeder Tag, den wir bei der Schulreform verlieren, ist ein verlorener Tag für Deutschland.

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20 Kommentare

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  • E
    Ex-Odenwaldschüler

    Deutsche Schulen sind einfach eine Zumutung nicht nur für Türken:Schlechte Qualität,desinteressierte Lehrer,vergammelte Schulgebäude,dank eines Gesetzes von 1938 ! Schulzwang und keine Bildungspflicht wie in anderen Ländern -mal abgesehen von Diktaturen.Und bei alledem gibt es dann-auch heute noch-obendrauf die ein oder andere pädosexuelle Lehrkraft die im Rahmen der Schulpflicht an den kindern rumfummeln darf Nein danke,Herr Özdemir.Und die Umbenennung in Gemeinschaftsschulen reicht nicht.Man muss an die wurzel des übels.

  • K
    Kommentar

    @ s.fuchs

     

    "Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt."

     

     

    Das sehe ich völlig anders, auch wenn ich den Eindruck der entanden ist, daß grundlegende Werte in der Schule vermittelt werden, etwas verstehen kann.

    Ich denke viel eher, die grundlegenden Werte werden im Elternhaus gesetzt, egal ob bei Deutschen, Türken, oder Vietnamesen. Im Regelfall ist die Schule nach dem Kindergarten die zweite Instanz, doch absolute Grundlage ist das Elternhaus. Und dabei spielt es erstmal keine Rolle für mich, ob auch beide Elternteile da sind, oder wie bildgungsfern- oder nah die Eltern sind. Frühkindliche Erfahrungen sind die prägensten überhaupt, Schule kann da später nur korrektiv eingreifen, wenn überhaupt.

     

    Vor ein Paar Jahren wurden jungen männlichen Schülern mit Migartionshintergrund, also Türken, über deren Erziehung im Elternhaus befragt, komischerweise nicht in deren Elternhaus, auch nicht in der Schule, sondern in einem Zugang zu einem U-Bahnhof.

    Die Jungs sprachen fast alle von der "Erziehung mit der flachen Hand", spricht, wenn's nicht so läuft wie Vati es will, gibts auch schonmal ne saftige Watschen, oder zwei. Gleichzeitig sagten dieselben Jungs, daß es bei den Deutschen eine Spur anders abläuft, bevor geschlagen wird, wird meist geredet, aus ihren eigenen Beobachtungen.

    Was die Jungs aus ihrem Eltern- bzw. Väterhäusern mitnehmen, dürfte wohl klar sein. Wie möglicherweise bei Konflikten reagiert wird, kann man sich auch ungefähr vorstellen, auch wenn das, natürlich, nicht auf absolut alle zutreffen mag.

     

    Wenn diesen Unterschied schon die Jungen Türken sehen, warum nicht ein Herr Özdemir ? Oder will er etwa nicht ? Befangen...?

  • S
    s.fuchs

    "Wenn in einer Familie ein archaisches Bild der Rollenverteilung von Mann und Frau gepredigt wird, dann müssen wir in den Schulen andere Werte vermitteln - und vorleben."

     

    Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt. das ist gefährlich, hier besteht Handlungsbedarf.

  • K
    Kommentar

    "Weil man immer wieder denselben Gaul reitet, dass es hier um ethnische und kulturelle Fragen ginge. Das hat nichts mit dem zu tun, was die Wissenschaft über Integration weiß. Es geht vor allem um eine soziale Frage und keine kulturelle. Die Sprachstandserhebungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen etwa haben gezeigt, dass 20 Prozent der deutschen Vorschulkinder nicht gut genug sprechen, um in der Schule mithalten zu können."

     

     

    Typisch Özdemir, immer das selbe mit ihm, an allem ist natürlich nur die Bildung schuld und die soziale Frage. Das sich das aber mit den kulturellen Eigenheiten der Türken oftmals beißt, will er wohl nicht sehen.

    Wenn der Verband der Muslime in Deutschland, fast im Dreieck springt, weil das Nachzugsalter von 16 auf 18Jahre angehoben wurde, und nun auch minimalste Deutschkenntnisse nachgwiesen werden müssen, sagt das schon einiges. Auch der Verweis des Verbandes, daß das ja nur für die Türken gelte, und das somit ja eigentlich schon fast türkenfeindlich wäre. Tja, bei den anderen wie z.B. den Aussiedlern aus den Sowjet-Nachfolgestaaten, gehts, auch ohne ständiges Rumgemecker über das so benachteiligende deutsche Schulsystem. Schon sehr komisch...

    da scheinen mir kulturelle Eigenheiten doch eine Rollen zu spielen.

  • S
    s.fuchs

    @Leser

    Richtig, wir haben bei der Integrationspolitik Fehler begangen. Insbesondere haben wir zugeschaut, wie sich Parallelgesellschaften gebildet haben. Innensenator Körting brachte es Anfang 2008 auf den Punkt: in der Politik dachte man viel zu lange, dass sich Integrationsprobleme mit der Zeit von selbst lösen würden.

     

    Der zweite Fehler, den wir immer wieder machen, ist, dass wir die Ursachen der Integrationsproblematik stets bei uns, der Aufnahmegesellschaft suchen. Dabei ist die Bereitschaft zur Integration gerade unter türkischen Einwanderern viel zu wenig vorhanden. Und unterstützt werden türkische Communities in ihrer gesellschaftl.- kulturellen Abkapselung von MP Erdogan, der ihre Loyalität zur türkischen Heimat und Staat einfordert. Lobbyisten wie K. Kolat von der TGD greifen den Faden auf. Er selbst sprach sich unlängst bei einem Treffen mit G. Schwan dafür aus, mehr Migranten gesellsch. partizipieren zu lassen und weniger Integration zu fordern. Dies ist schlichtweg unerhört. Unser Staat und unsere Gesellschaft sollen anscheinend unterwandert werden. Erdogan betreibt Kulturimperialismus und Machtexpansion, seine Handlanger in Deutschland folgen ihm.

  • L
    Leser

    Nein. Das liegt wohl eher daran, daß jahrzehntelang den Eingewanderten die Möglichkeit zur Integration gar nicht gegeben wurde, weil nur billige Arbeitskräfte, keine Mitbürger gewünscht waren.

    In diese Generationen werden jetzt Menschen hineingeboren, die von dieser Parallelgesellschaft festgehalten werden.

    An dieser Stelle hat Özdemir recht, das Problem wird sich nicht von alleine lösen und die Instanz, die an der ganzen Misere die Schuld trägt, sollte sich nicht zurückziehen. Und das ist der Staat.

  • S
    s.fuchs

    Özdemir irrt. Das mangelnde Interesse an Integration v.a. bei Einwanderern türkischer Herkunft hat eben auch kulturelle Ursachen. Viele Türken sind nicht bereit, ihre archaischen Gesellschaftsstrukturen mit völlig überkommenen, tradierten Wertvorstellungen aufzugeben und in einer neuen Gesellschaft anzukommen. Sie bilden ihre eigenen Communities und leben nach ihren eigenen Regeln, die häufig mit unserer Gesellschaftsordnung kollidieren. Wer sein Land aus welchen Gründen auch immer verlässt, um woanders besser leben zu können, muss sich zwangsläufig für Werte und Grundordnung des Aufnahmelandes öffnen. Und das geschieht viel zu selten.

  • K
    Kommentar

    @ s.fuchs

     

    "Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt."

     

     

    Das sehe ich völlig anders, auch wenn ich den Eindruck der entanden ist, daß grundlegende Werte in der Schule vermittelt werden, etwas verstehen kann.

    Ich denke viel eher, die grundlegenden Werte werden im Elternhaus gesetzt, egal ob bei Deutschen, Türken, oder Vietnamesen. Im Regelfall ist die Schule nach dem Kindergarten die zweite Instanz, doch absolute Grundlage ist das Elternhaus. Und dabei spielt es erstmal keine Rolle für mich, ob auch beide Elternteile da sind, oder wie bildgungsfern- oder nah die Eltern sind. Frühkindliche Erfahrungen sind die prägensten überhaupt, Schule kann da später nur korrektiv eingreifen, wenn überhaupt.

     

    Vor ein Paar Jahren wurden jungen männlichen Schülern mit Migartionshintergrund, also Türken, über deren Erziehung im Elternhaus befragt, komischerweise nicht in deren Elternhaus, auch nicht in der Schule, sondern in einem Zugang zu einem U-Bahnhof.

    Die Jungs sprachen fast alle von der "Erziehung mit der flachen Hand", spricht, wenn's nicht so läuft wie Vati es will, gibts auch schonmal ne saftige Watschen, oder zwei. Gleichzeitig sagten dieselben Jungs, daß es bei den Deutschen eine Spur anders abläuft, bevor geschlagen wird, wird meist geredet, aus ihren eigenen Beobachtungen.

    Was die Jungs aus ihrem Eltern- bzw. Väterhäusern mitnehmen, dürfte wohl klar sein. Wie möglicherweise bei Konflikten reagiert wird, kann man sich auch ungefähr vorstellen, auch wenn das, natürlich, nicht auf absolut alle zutreffen mag.

     

    Wenn diesen Unterschied schon die Jungen Türken sehen, warum nicht ein Herr Özdemir ? Oder will er etwa nicht ? Befangen...?

  • S
    s.fuchs

    "Wenn in einer Familie ein archaisches Bild der Rollenverteilung von Mann und Frau gepredigt wird, dann müssen wir in den Schulen andere Werte vermitteln - und vorleben."

     

    Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt. das ist gefährlich, hier besteht Handlungsbedarf.

  • K
    Kommentar

    "Weil man immer wieder denselben Gaul reitet, dass es hier um ethnische und kulturelle Fragen ginge. Das hat nichts mit dem zu tun, was die Wissenschaft über Integration weiß. Es geht vor allem um eine soziale Frage und keine kulturelle. Die Sprachstandserhebungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen etwa haben gezeigt, dass 20 Prozent der deutschen Vorschulkinder nicht gut genug sprechen, um in der Schule mithalten zu können."

     

     

    Typisch Özdemir, immer das selbe mit ihm, an allem ist natürlich nur die Bildung schuld und die soziale Frage. Das sich das aber mit den kulturellen Eigenheiten der Türken oftmals beißt, will er wohl nicht sehen.

    Wenn der Verband der Muslime in Deutschland, fast im Dreieck springt, weil das Nachzugsalter von 16 auf 18Jahre angehoben wurde, und nun auch minimalste Deutschkenntnisse nachgwiesen werden müssen, sagt das schon einiges. Auch der Verweis des Verbandes, daß das ja nur für die Türken gelte, und das somit ja eigentlich schon fast türkenfeindlich wäre. Tja, bei den anderen wie z.B. den Aussiedlern aus den Sowjet-Nachfolgestaaten, gehts, auch ohne ständiges Rumgemecker über das so benachteiligende deutsche Schulsystem. Schon sehr komisch...

    da scheinen mir kulturelle Eigenheiten doch eine Rollen zu spielen.

  • S
    s.fuchs

    @Leser

    Richtig, wir haben bei der Integrationspolitik Fehler begangen. Insbesondere haben wir zugeschaut, wie sich Parallelgesellschaften gebildet haben. Innensenator Körting brachte es Anfang 2008 auf den Punkt: in der Politik dachte man viel zu lange, dass sich Integrationsprobleme mit der Zeit von selbst lösen würden.

     

    Der zweite Fehler, den wir immer wieder machen, ist, dass wir die Ursachen der Integrationsproblematik stets bei uns, der Aufnahmegesellschaft suchen. Dabei ist die Bereitschaft zur Integration gerade unter türkischen Einwanderern viel zu wenig vorhanden. Und unterstützt werden türkische Communities in ihrer gesellschaftl.- kulturellen Abkapselung von MP Erdogan, der ihre Loyalität zur türkischen Heimat und Staat einfordert. Lobbyisten wie K. Kolat von der TGD greifen den Faden auf. Er selbst sprach sich unlängst bei einem Treffen mit G. Schwan dafür aus, mehr Migranten gesellsch. partizipieren zu lassen und weniger Integration zu fordern. Dies ist schlichtweg unerhört. Unser Staat und unsere Gesellschaft sollen anscheinend unterwandert werden. Erdogan betreibt Kulturimperialismus und Machtexpansion, seine Handlanger in Deutschland folgen ihm.

  • L
    Leser

    Nein. Das liegt wohl eher daran, daß jahrzehntelang den Eingewanderten die Möglichkeit zur Integration gar nicht gegeben wurde, weil nur billige Arbeitskräfte, keine Mitbürger gewünscht waren.

    In diese Generationen werden jetzt Menschen hineingeboren, die von dieser Parallelgesellschaft festgehalten werden.

    An dieser Stelle hat Özdemir recht, das Problem wird sich nicht von alleine lösen und die Instanz, die an der ganzen Misere die Schuld trägt, sollte sich nicht zurückziehen. Und das ist der Staat.

  • S
    s.fuchs

    Özdemir irrt. Das mangelnde Interesse an Integration v.a. bei Einwanderern türkischer Herkunft hat eben auch kulturelle Ursachen. Viele Türken sind nicht bereit, ihre archaischen Gesellschaftsstrukturen mit völlig überkommenen, tradierten Wertvorstellungen aufzugeben und in einer neuen Gesellschaft anzukommen. Sie bilden ihre eigenen Communities und leben nach ihren eigenen Regeln, die häufig mit unserer Gesellschaftsordnung kollidieren. Wer sein Land aus welchen Gründen auch immer verlässt, um woanders besser leben zu können, muss sich zwangsläufig für Werte und Grundordnung des Aufnahmelandes öffnen. Und das geschieht viel zu selten.

  • MS
    Marco Sch.

    "Nein, diese Erkenntnis ist nicht neu. Wir stehen vor der Herausforderung, dass sich Bildungsarmut praktisch vererbt. Vielen der Zugewanderten, besonders aus der Türkei, ist die Bedeutung guter Bildung für ihre und unsere Kinder nicht ausreichend bewusst."

     

    Man kann jetzt ganz locker in früheren Aussagen stöbern - ist doch interessant.

    Hoch lebe das Internet! :-)

  • K
    Kommentar

    @ s.fuchs

     

    "Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt."

     

     

    Das sehe ich völlig anders, auch wenn ich den Eindruck der entanden ist, daß grundlegende Werte in der Schule vermittelt werden, etwas verstehen kann.

    Ich denke viel eher, die grundlegenden Werte werden im Elternhaus gesetzt, egal ob bei Deutschen, Türken, oder Vietnamesen. Im Regelfall ist die Schule nach dem Kindergarten die zweite Instanz, doch absolute Grundlage ist das Elternhaus. Und dabei spielt es erstmal keine Rolle für mich, ob auch beide Elternteile da sind, oder wie bildgungsfern- oder nah die Eltern sind. Frühkindliche Erfahrungen sind die prägensten überhaupt, Schule kann da später nur korrektiv eingreifen, wenn überhaupt.

     

    Vor ein Paar Jahren wurden jungen männlichen Schülern mit Migartionshintergrund, also Türken, über deren Erziehung im Elternhaus befragt, komischerweise nicht in deren Elternhaus, auch nicht in der Schule, sondern in einem Zugang zu einem U-Bahnhof.

    Die Jungs sprachen fast alle von der "Erziehung mit der flachen Hand", spricht, wenn's nicht so läuft wie Vati es will, gibts auch schonmal ne saftige Watschen, oder zwei. Gleichzeitig sagten dieselben Jungs, daß es bei den Deutschen eine Spur anders abläuft, bevor geschlagen wird, wird meist geredet, aus ihren eigenen Beobachtungen.

    Was die Jungs aus ihrem Eltern- bzw. Väterhäusern mitnehmen, dürfte wohl klar sein. Wie möglicherweise bei Konflikten reagiert wird, kann man sich auch ungefähr vorstellen, auch wenn das, natürlich, nicht auf absolut alle zutreffen mag.

     

    Wenn diesen Unterschied schon die Jungen Türken sehen, warum nicht ein Herr Özdemir ? Oder will er etwa nicht ? Befangen...?

  • S
    s.fuchs

    "Wenn in einer Familie ein archaisches Bild der Rollenverteilung von Mann und Frau gepredigt wird, dann müssen wir in den Schulen andere Werte vermitteln - und vorleben."

     

    Da liegt C. Özdemir natürlich völlig richtig. Die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft werden an den Schulen, und schon gar nicht an jenen mit besonderen Problemen, nicht mehr vermittelt. das ist gefährlich, hier besteht Handlungsbedarf.

  • K
    Kommentar

    "Weil man immer wieder denselben Gaul reitet, dass es hier um ethnische und kulturelle Fragen ginge. Das hat nichts mit dem zu tun, was die Wissenschaft über Integration weiß. Es geht vor allem um eine soziale Frage und keine kulturelle. Die Sprachstandserhebungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen etwa haben gezeigt, dass 20 Prozent der deutschen Vorschulkinder nicht gut genug sprechen, um in der Schule mithalten zu können."

     

     

    Typisch Özdemir, immer das selbe mit ihm, an allem ist natürlich nur die Bildung schuld und die soziale Frage. Das sich das aber mit den kulturellen Eigenheiten der Türken oftmals beißt, will er wohl nicht sehen.

    Wenn der Verband der Muslime in Deutschland, fast im Dreieck springt, weil das Nachzugsalter von 16 auf 18Jahre angehoben wurde, und nun auch minimalste Deutschkenntnisse nachgwiesen werden müssen, sagt das schon einiges. Auch der Verweis des Verbandes, daß das ja nur für die Türken gelte, und das somit ja eigentlich schon fast türkenfeindlich wäre. Tja, bei den anderen wie z.B. den Aussiedlern aus den Sowjet-Nachfolgestaaten, gehts, auch ohne ständiges Rumgemecker über das so benachteiligende deutsche Schulsystem. Schon sehr komisch...

    da scheinen mir kulturelle Eigenheiten doch eine Rollen zu spielen.

  • S
    s.fuchs

    @Leser

    Richtig, wir haben bei der Integrationspolitik Fehler begangen. Insbesondere haben wir zugeschaut, wie sich Parallelgesellschaften gebildet haben. Innensenator Körting brachte es Anfang 2008 auf den Punkt: in der Politik dachte man viel zu lange, dass sich Integrationsprobleme mit der Zeit von selbst lösen würden.

     

    Der zweite Fehler, den wir immer wieder machen, ist, dass wir die Ursachen der Integrationsproblematik stets bei uns, der Aufnahmegesellschaft suchen. Dabei ist die Bereitschaft zur Integration gerade unter türkischen Einwanderern viel zu wenig vorhanden. Und unterstützt werden türkische Communities in ihrer gesellschaftl.- kulturellen Abkapselung von MP Erdogan, der ihre Loyalität zur türkischen Heimat und Staat einfordert. Lobbyisten wie K. Kolat von der TGD greifen den Faden auf. Er selbst sprach sich unlängst bei einem Treffen mit G. Schwan dafür aus, mehr Migranten gesellsch. partizipieren zu lassen und weniger Integration zu fordern. Dies ist schlichtweg unerhört. Unser Staat und unsere Gesellschaft sollen anscheinend unterwandert werden. Erdogan betreibt Kulturimperialismus und Machtexpansion, seine Handlanger in Deutschland folgen ihm.

  • L
    Leser

    Nein. Das liegt wohl eher daran, daß jahrzehntelang den Eingewanderten die Möglichkeit zur Integration gar nicht gegeben wurde, weil nur billige Arbeitskräfte, keine Mitbürger gewünscht waren.

    In diese Generationen werden jetzt Menschen hineingeboren, die von dieser Parallelgesellschaft festgehalten werden.

    An dieser Stelle hat Özdemir recht, das Problem wird sich nicht von alleine lösen und die Instanz, die an der ganzen Misere die Schuld trägt, sollte sich nicht zurückziehen. Und das ist der Staat.

  • S
    s.fuchs

    Özdemir irrt. Das mangelnde Interesse an Integration v.a. bei Einwanderern türkischer Herkunft hat eben auch kulturelle Ursachen. Viele Türken sind nicht bereit, ihre archaischen Gesellschaftsstrukturen mit völlig überkommenen, tradierten Wertvorstellungen aufzugeben und in einer neuen Gesellschaft anzukommen. Sie bilden ihre eigenen Communities und leben nach ihren eigenen Regeln, die häufig mit unserer Gesellschaftsordnung kollidieren. Wer sein Land aus welchen Gründen auch immer verlässt, um woanders besser leben zu können, muss sich zwangsläufig für Werte und Grundordnung des Aufnahmelandes öffnen. Und das geschieht viel zu selten.