Österreichs Bundesheer fehlt Geld: Wenn die Blasmusik verstummt
Österreichs Streitkräfte sind in einem desolaten Zustand. Jetzt gibt es noch weniger Geld. Um die Landesverteidigung geht es schon lange nicht mehr.
WIEN taz | 13 von 65 Kasernen müssen geschlossen werden, militärische Blasmusik gibt es nur noch in vier von neun Bundesländern, Panzer werden eingemottet, und Schießübungen fallen aus, weil die Munition zu teuer ist. Österreichs Bundesheer geht es schlecht. Und das 40-seitige Papier, das Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) am vergangenen Wochenende als „Reformkonzept“ vorlegte, erinnert eher an ein Sparpaket.
Minister Klug übernahm letztes Jahr die undankbare Ausgabe, ein unterdotiertes und untermotiviertes Heer mit weiter schwindenden Mitteln attraktiver zu machen. Die SPÖ war im Januar 2013 bei einer Volksbefragung mit ihrem Vorschlag unterlegen, auf Berufsarmee umzustellen. Als Sieger durfte sich die ÖVP fühlen, die mit der Warnung Panik verbreitete, der Katastrophenschutz wäre dann nicht mehr gewährleistet und wenn der Zivildienst automatisch abgeschafft wäre, kämen Rettungsautos zu spät.
Klug verkündete auftragsgemäß, er werde den Wehrdienst attraktiver machen: mehr Sport, mehr Schießübungen, WLAN in allen Kasernen. Nichts davon konnte er einlösen, da ihm der (ÖVP)-Finanzminister weiter die Mittel kürzte. Im kommenden Jahr wird das Heeresbudget von 2,5 auf knapp 2 Milliarden Euro schrumpfen. Das sind 0,55 Prozent des Bruttosozialprodukts.
Das Bundesheer, so Minister Klug jetzt in seinem Konzept, werde sich auf die „einsatzwahrscheinlichsten Aufgaben“ konzentrieren: „Schutz kritischer Infrastruktur, Friedenssicherung im Ausland, Ausbildung der Grundwehrdiener und Abwehr von Bedrohungen aus dem Cyberraum“. Kritiker sehen darin einen klaren Verstoß gegen die Bundesverfassung, die die „umfassende Landesverteidigung“ und den Schutz der Neutralität verlangt.
Militärischer Ernstfall schwer vorstellbar
Zwar ist dieser Anspruch in der Praxis längst aufgegeben worden und angesichts der geografischen Lage Österreichs ist ein militärischer Ernstfall schwer vorstellbar. Doch die Offiziersgesellschaft, der ein allzeit wehrhaftes Österreich vorschwebt, schlägt Alarm.
Ein rauer Wind weht Klug auch aus den Bundesländern entgegen. Die Landeshauptmänner verteidigen jeden Standort, wo Soldatenstationierung Arbeitsplätze sichert und die lokale Wirtschaft belebt. Für Salzburgs Landeschef Wilfried Haslauer (ÖVP) ist das Papier bestenfalls eine Verhandlungsbasis. Und auch der Sozialdemokrat Hans Niessl im Burgenland will um seine Blasmusik kämpfen.
Peter Pilz, Wehrsprecher der Grünen und Befürworter einer kleinen Berufsarmee, erinnerte Sonntagnacht in einer Fernsehdebatte an die Bundesheerreformkommission, die vor zehn Jahren eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet hatte, von denen keiner umgesetzt worden sei. Außerdem plädiert er für die Rückabwicklung des Ankaufs von 15 Eurofightern. Da sei nicht nur Schmiergeld in Höhe von 200 Millionen Euro geflossen; die teuren Fluggeräte erfüllten auch die versprochenen Qualitätskriterien nicht.
So wie die deutsche Armee war auch das österreichische Bundesheer im Sommer vom Hersteller EADS informiert worden, dass die Flugstunden aus Sicherheitsgründen reduziert werden müssten: von 6.000 auf 2.000. Pilz fragt sich: „Warum haben die Deutschen für ihre moderneren Eurofighter eine Lebensdauer von 3.000, wir für unsere schrottreife Tranche 1 aber von 6.000 Stunden?“
Als ob er beweisen wollte, dass er sein Geld nicht wert ist, musste ein Eurofighter letzte Woche in Innsbruck notlanden. Andreas Strobl, der Pressesprecher des Verteidigungsministers, twitterte: „Eurofighter, du schönster aller Vögel, warum quälst du mich so?!?!?!“
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