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Österreich streitet über CO2-NeutralitätPer Leak gegen das Klimaziel

Die Grünen planen, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen. Aber vorzeitig dringen Details nach außen – der Koalitionspartner ÖVP blockt ab.

Geht voran: Umweltministerin Leonore Gewessler will Klimaneutralität für Österreich bis 2040 Foto: Martin Juen/imago

Wien taz | Ihr Plan ist sehr ambitioniert. In weniger als 20 Jahren soll Österreich klimaneutral sein, wenn es nach Umweltministerin Leonore Gewessler geht. Wenig glücklich ist die Grüne Gewessler damit, dass ihr noch unfertiges Konzept an die Presse durchgestochen wurde. Danach soll Österreich 2040 klimaneutral sein. Zum Vergleich: Deutschland plant das erst für 2050. Das Gesamtpaket, das auch die lange versprochene ökosoziale Steuerreform umfasst, wird aber gerade erst mit Koalitionspartner ÖVP verhandelt.

So reagierte die Ministerin wenig erfreut, als die Interviewer des ORF am Sonntag wissen wollten, ob denn wirklich ein Automatismus geplant sei, die Mineralölsteuer um 50 Prozent zu erhöhen, wenn die Klimaziele in einem Jahr nicht erreicht würden. „Es ist nicht verwunderlich, dass ein Aspekt jetzt rausdringt“, klagte Gewess­ler. „Genauso macht man das, wenn man etwas verhindern will.“

Es ist naheliegend, dass die Konservativen, die in der Klimapolitik traditionell auf der Bremse stehen, für das Leak verantwortlich sind. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte denn auch mit der gewohnten Doppelbödigkeit: Klimaziele seien gut und wichtig, aber „niemals auf Kosten des ländlichen Raums oder von Pendlerinnen und Pendlern“. Bauern und Bessergestellte, die aus den Speckgürteln der Städte mit dem SUV zum Arbeitsplatz pendeln, zählen zur klassischen ÖVP-Klientel.

Österreich gehört zu den wenigen EU-Ländern, die seit 1990 ihren Treibhausgasausstoß gesteigert haben – trotz gegenteiliger Pläne. Deswegen hat Gewess­ler nicht nur einen verbindlichen Pfad von 5,3 bis 9 Prozent jährlicher Kohlendioxid-Einsparungen festgelegt, sondern will auch konkrete und spürbare Sanktionen verankern.

Millionen in einen Klimafonds

Für jede Million Tonnen CO2, die das Klimaziel in einem Jahr verfehlt wird, soll der Bund 84 Millionen Euro in einen Klimafonds einzahlen. Die Länder müssen 56 Millionen beisteuern. Das soll schon bei einer entsprechenden Prognose greifen, nicht erst, wenn der Rechnungshof zwei Jahre später das Scheitern offiziell macht.

Außerdem soll ein Klimakabinett in diesem Fall Vorschläge für Sofortmaßnahmen machen. Anders als in der Landwirtschaft und Industrie kann man im Verkehr relativ schnell Effekte erzielen. Österreich gehört zu den Ländern mit dem niedrigsten Treibstoffpreis in Europa. Die Mineralölsteuer ist seit zehn Jahren nicht mehr erhöht worden, Superbenzin kostet heute weniger als 2012.

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1 Kommentar

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  • Das sind doch herausragende Vorschläge von den Grünen in Österreich. Das Herr Kurz dazu nur mehr substanzlose Kritik ohne jeglichen Lösungsvorschlag bringt war zu erwarten. Wer sagt: "Klimaziele seien gut und wichtig, aber „niemals auf Kosten des ländlichen Raums oder von Pendlerinnen und Pendlern“, und dazu keine Lösung zum Erreichen der Klimazielen mitliefert, dient weder seinen Bürgern noch dem Erhalt unser aller Lebensgrundlage. Weniger politische Qualität zu offenbaren geht fast nicht.



    Zur Malusfestlegung bei Verfehlung der jährlichen Ziele sollte auch ein Bonus hinzukommen, dann wird es rasanter vorangehen. Für Hrn. Kurz vermutlich zu rasant.