■ Österreich: Tiroler blockieren Bundesverkehrsminister Wissmann: Ausgebremst
Die Tiroler sind es leid. Seit Österreichs Beitritt zur EU hat der Güterverkehr in der Alpenrepublik um 40 Prozent zugenommen. 19 Millionen Tonnen an Gütern werden jährlich per Lkw über die Pässe transportiert, derweil die Züge weniger als die Hälfte übernehmen. Und jetzt will die EU auch noch die Nacht- und Feiertagsfahrverbote aufheben. Sie behinderten den freien Warenverkehr, heißt es zur Begründung. Doch die Tiroler wollen Lärm und Gestank nicht rund um die Uhr hinnehmen und blockierten deshalb gestern zu Hunderten den Gebirgspaß.
Treibende Kraft für die Brummi-Lawine ist in vorderster Front der deutsche Verkehrsminister Matthias Wissmann. Zwar beteuert er immer wieder, daß er eine Bevorzugung der Schiene gegenüber der Straße anstrebt. Doch seine konkrete Politik sieht anders aus. Das spiegelt sich nicht nur in seinen jährlichen Haushaltsentscheidungen wider. Wissmann verhinderte kürzlich in Brüssel auch einen Beschluß, wonach die Umwelt- und Gesundheitskosten des Verkehrs endlich in die politischen Entscheidungen in der EU eingehen sollen. Genau das fordern viele österreichische und Schweizer BürgerInnen.
Vor ein paar Tagen setzte Wissmann Österreichs Innenminister Einem außerdem unter Druck, die Autobahnblockade zu verbieten – der wirtschaftliche Schaden für den deutsch-italienischen Handel sei einfach nicht hinnehmbar. Und auch bei den EU-Verhandlungen mit der Schweiz über den Alpentransit tat sich Wissmann als guter Lobbyist der Spediteure hervor. Obwohl die Schweizer schon sehr weit von ihren ursprünglichen Forderungen nach einer konsequenten Verbannung des Güterverkehrs in den Tunnel abgerückt waren, wollte Wissmann in diesem Frühjahr den Preis für die Maut immer weiter drücken. Die Kritik aus Bern war massiv; jetzt liegt das Verhandlungspaket erst einmal bis zur deutschen Bundestagswahl auf Eis.
Doch wofür kämpft Matthias Wissmann eigentlich, wenn er ständig freie Fahrt für den freien Markt fordert? Allein 60.000 Laster mit deutschem Müll queren jährlich Österreichs Alpen, um den niedrigeren Entsorgungsstandard im Süden zu nutzen. Wahrlich ein hehres Anliegen, das voll und ganz rechtfertigt, Tausende von Menschen um Schlaf und Gesundheit zu bringen. Anne Barthel
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