: Österliches zur Sterbehilfe
In Deutschland warnen Bischöfe vor dem holländischen Gesetz zur Euthanasie – in den Niederlanden denkt die Gesundheitsministerin über eine Selbstmordpille für Alte nach
DEN HAAG/BERLIN dpa/ap ■ Während Vertreter der Kirchen in Deutschland zu Ostern vor einer Übernahme des holländischen Gesetzes zur Sterbehilfe warnten, wird in den Niederlanden bereits über eine so genannte Selbstmordpille für alte Menschen diskutiert. Gesundheitsministerin Els Borst von der linksliberalen Partei D66 erklärte am Wochenende in einem Interview, sie habe „nichts dagegen“, dass alten Menschen so das Recht auf selbstständige Beendigung ihres Lebens gewährt werde. Der Vorstoß der Ministerin stieß bei der Opposition, aber auch bei Vertretern von zwei der drei Regierungsparteien auf Kritik. Nach Ansicht von Borst sollte die Selbstmordpille für Alte unabhängig von dem letzte Woche verabschiedeten weltweit ersten Gesetz zur aktiven Sterbehilfe ermöglicht werden. Voraussetzung für die Gewährung der Todespille müsse die Zustimmung durch eine unabhängige Kommission sein. Die Kommission müsse jeden Fall vorab prüfen, meinte die Ministerin, die das Euthanasiegesetz im Parlament vertreten hatte.
Nach dem Euthanasiegesetz, das voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in Kraft treten wird, kann die Sterbehilfe straffrei nur im Fall unerträglichen und ausweglosen Leidens durch Ärzte gewährt werden. Die Mediziner müssen zuvor die Meinung eines besonders geschulten Kollegen einholen. Die Kranken müssen deutlich gemacht haben, dass sie die Sterbehilfe wünschen. Jeder Fall muss einem Ausschuss gemeldet werden, in dem mindestens ein Arzt, ein Jurist und ein Experte für ethische Fragen sitzen.
In Deutschland stößt aktive Sterbehilfe vor allem bei der evangelischen und katholischen Kirche auf Ablehnung. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, schrieb in seiner Osterbotschaft, beide Kirchen könnten gemeinsam bekennen, „dass Gott Leben und Sterben in seiner Hand hält“. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, nannte Sterbehilfe „nicht mit dem hippokratischen Eid vereinbar“.
Wie in Deutschland ergab auch eine Meinungsumfrage in Frankreich, dass ein Großteil der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe ist. Bei der Umfrage des Instituts Ifop für die Pariser Zeitung Le Journal du Dimanche sprachen sich 38 Prozent uneingeschränkt dafür aus, nach dem Vorbild der Niederlande bei unerträglichen Leiden aktive Sterbehilfe zuzulassen. 50 Prozent befürworten ein Gesetz für Sterbehilfe „in bestimmten Fällen“.
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